Reiner Christusglaube
18. Kein
Gottesglaube wird sich auf die Dauer rein und unverfälscht erhalten, wenn er
nicht gestützt wird vom Glauben an Christus. „Niemand kennt den Sohn außer dem
Vater, und niemand kennt den Vater außer dem Sohn, und wem es der Sohn offenbaren
will.“[9] „Das ist das ewige
Leben, daß sie Dich erkennen, den allein wahren Gott, und den Du gesandt hast,
Jesus Christus.“[10] Es darf also
niemand sagen: Ich bin gottgläubig, das ist mir Religion genug. Des Heilands
Wort hat für Ausflüchte dieser Art keinen Platz. „Wer den Sohn leugnet, hat
auch nicht den Vater; wer den Sohn bekennt, hat auch den Vater.“[11]
19. In
Jesus Christus, dem menschgewordenen Gottessohn, ist die Fülle der göttlichen
Offenbarung erschienen. „Auf vielerlei Art und in verschiedenen Formen hat Gott
einst zu den Vätern durch die Propheten gesprochen. In der Fülle der Zeiten hat
Er zu uns durch den Sohn geredet.“[12] Die heiligen
Bücher des Alten Bundes sind ganz Gottes Wort, ein organischer Teil Seiner
Offenbarung. Der stufenweisen Entfaltung der Offenbarung entsprechend liegt auf
ihnen noch der Dämmer der Vorbereitungszeit auf den vollen Sonnentag der
Erlösung. Wie es bei Geschichts- und Gesetzbüchern nicht anders sein kann, sind
sie in manchen Einzelheiten ein Spiegelbild menschlicher Unvollkommenheit,
Schwäche und Sünde. Neben unendlich vielem Hohen und Edlen erzählen sie auch
von der Veräußerlichung und Verweltlichung, die in dem die Offenbarung und die
Verheißungen Gottes tragenden alttestamentlichen Bundesvolk immer wieder
hervorbrachen. Für jedes nicht durch Vorurteil und Leidenschaft geblendete Auge
leuchtet jedoch aus dem menschlichen Versagen, von dem die biblische Geschichte
berichtet, um so strahlender das Gotteslicht der über alle Fehde und Sünde
letztlich triumphierenden Heilsführung hervor. Gerade auf solchem, oft düsterem
Hintergrund wächst die Heilspädagogik des Ewigen in Perspektiven hinein, die
wegweisend, warnend, erschütternd, erhebend und beglückend zugleich sind. Nur
Blindheit und Hochmut können ihre Augen vor den heilserzieherischen Schätzen
verschließen, die das Alte Testament birgt. Wer die biblische Geschichte und
die Lehrweisheit des Alten Bundes aus Kirche und Schule verbannt sehen will,
lästert das Wort Gottes, lästert den Heilsplan des Allmächtigen, macht enges
und beschränktes Menschendenken zum Richter über göttliche Geschichtsplanung.
Er verneint den Glauben an den wirklichen, im Fleische erschienenen Christus,
der die menschliche Natur aus dem Volke annahm, das ihn ans Kreuz schlagen
sollte. Er steht verständnislos vor dem Weltdrama des Gottessohnes, welcher der
Meintat seiner Kreuziger die hohepriesterliche Gottestat des Erlösertodes
entgegensetzte und damit den Alten Bund in dem Neuen Bunde seine Erfüllung,
sein Ende und seine Überhöhung finden ließ.
20. Der im
Evangelium Jesu Christi erreichte Höhepunkt der Offenbarung ist endgültig, ist
verpflichtend für immer. Diese Offenbarung kennt keine Nachträge durch
Menschenhand, kennt erst recht keinen Ersatz und keine Ablösung durch die
willkürlichen „Offenbarungen“, die gewisse Wortführer der Gegenwart aus dem
sogenannten Mythus von Blut und Rasse herleiten wollen. Seitdem Christus der
Gesalbte das Werk der Erlösung vollbracht, die Herrschaft der Sünde gebrochen
und uns die Gnade verdient hat, Kinder Gottes zu werden – seitdem ist kein
anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den sie selig werden
können, als der Name Jesus.[13] Kein Mensch – möge
auch alles Wissen, alles Können, alle äußerliche Macht der Erde in ihm
verkörpert sein – kann einen anderen Grund legen als den, der in Christus
bereits gelegt ist.[14] Wer in
sakrilegischer Verkennung der zwischen Gott und Geschöpf, zwischen dem
Gottmenschen und den Menschenkindern klaffenden Wesensunterschiede irgend einen
Sterblichen, und wäre er der Größte aller Zeiten, neben Christus zu stellen
wagt, oder gar über Ihn und gegen Ihn, der muß sich sagen lassen, daß er ein
Wahnprophet ist, auf den das Schriftwort erschütternde Anwendung findet: „Der
im Himmel wohnt, lachet ihrer“[15].
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