An die Priester und Ordensleute
44. Ein
besonderes Wort der Anerkennung, der Aufmunterung, der Mahnung richten Wir an
die Priester Deutschlands, denen in Unterordnung unter ihre Bischöfe in
schwerer Zeit und unter harten Umständen die Aufgabe obliegt, der Herde Christi
die rechten Wege zu weisen in Lehre und Beispiel, in täglicher Hingabe, in
apostolischer Geduld. Werdet nicht müde, geliebte Söhne und Mitteilhaber an den
heiligen Geheimnissen, dem ewigen Hohenpriester Jesus Christus zu folgen in
Seiner Samariterliebe und Samaritersorge. Bewährt euch Tag für Tag in
makellosem Wandel vor Gott, in unablässiger Selbstzucht und
Selbstvervollkommnung, in erbarmender Liebe zu allen euch Anvertrauten,
insbesondere zu den Gefährdeten, den Schwachen und Schwankenden. Seid die
Führer der Treuen, die Stütze der Strauchelnden, die Lehrer der Zweifelnden,
die Tröster der Trauernden, die uneigennützigen Helfer und Berater aller. Die
Prüfungen und Leiden, durch die euer Volk in der Nachkriegszeit
hindurchgeschritten ist, sind nicht spurlos an seiner Seele vorübergegangen.
Sie haben Spannungen und Bitterkeiten hinterlassen, die erst langsam ausheilen
können, deren echte Überwindung nur möglich sein wird im Geiste uneigennütziger
und tätiger Liebe. Diese Liebe, die das unentbehrliche Rüstzeug des Apostels
ist, zumal in der aufgewühlten und haßverzehrten Welt der Gegenwart, wünschen
und erflehen Wir euch vom Herrn in überreichem Maße. Die apostolische Liebe
wird Euch viele unverdiente Bitterkeiten, wenn nicht vergessen, so doch
verzeihen lassen, die auf euren Priester- und Seelsorgspfaden heute zahlreicher
sind als je zuvor. Diese verstehende und erbarmende Liebe zu den Irrenden, ja
selbst zu den Schmähenden bedeutet allerdings nicht und kann nicht bedeuten
irgendwelchen Verzicht auf die Verkündigung, die Geltendmachung, die mutige
Verteidigung der Wahrheit und ihre freimütige Anwendung auf die euch umgebende
Wirklichkeit. Die erste, die selbstverständlichste Liebesgabe des Priesters an
seine Umwelt ist der Dienst an der Wahrheit, und zwar der ganzen Wahrheit, die
Entlarvung und Widerlegung des Irrtums, gleich in welcher Form, in welcher
Verkleidung, in welcher Schminke er einherschreiten mag. Der Verzicht hierauf
wäre nicht nur ein Verrat an Gott und eurem heiligen Beruf; er wäre auch eine
Sünde an der Wohlfahrt Eures Volkes und Vaterlandes. All denen, die ihren
Bischöfen die bei der Weihe versprochene Treue gehalten, all denen, die wegen
Ausübung ihrer Hirtenpflicht Leid und Verfolgung tragen mußten und müssen,
folgt – für manche bis in die Kerkerzelle und das Konzentrationslager hinein –
der Dank und die Anerkennung des Vaters der Christenheit.
45. Den
katholischen Ordensleuten beiderlei Geschlechts gilt ebenfalls Unser
väterlicher Dank, verbunden mit inniger Anteilnahme an dem Geschick, das
infolge ordensfeindlicher Maßnahmen viele von ihnen aus segensreicher und
liebgewordener Berufsarbeit herausgerissen hat. Wenn einzelne gefehlt und sich
ihres Berufes unwürdig erwiesen haben, so mindern ihre auch von der Kirche
geahndeten Vergehen nicht die Verdienste der gewaltigen Überzahl, die in
Uneigennützigkeit und freiwilliger Armut bemüht waren, ihrem Gott und ihrem
Volk mit Hingabe zu dienen. Der Eifer, die Treue, das Tugendstreben, die tätige
Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft der in Seelsorge, Krankendienst und Schule
wirkenden Orden sind und bleiben ein ruhmwürdiger Beitrag zur privaten und
öffentlichen Wohlfahrt, denen zweifellos eine spätere, ruhigere Zeit mehr
Gerechtigkeit wird widerfahren lassen als die aufgewühlte Gegenwart. Wir haben
das Vertrauen zu den Leitern der Ordensgenossenschaften, daß sie die
Schwierigkeiten und Prüfungen zum Anlaß nehmen, um durch verdoppelten Eifer,
vertieftes Gebetsleben, heiligen Berufsernst und echt klösterliche Zucht von
dem Allmächtigen neuen Segen und neue Fruchtbarkeit auf ihre schwere Arbeit
herabzurufen.
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