Henriette. Lisette.
Theophan.
Henriette. Nun? Theophan,
habe ich Sie nicht zu einem artigen Anblicke verholfen?
Theophan. Sie sind
leichtfertig, schöne Henriette. Aber was meinen Sie für einen
Anblick? Kaum daß ich die Hauptsache mit Mühe und Not begriffen
habe.
Henriette. O schade!-Sie
kamen also zu langsam? und Adrast lag nicht mehr vor meiner Schwester auf den
Knien?
Theophan. So hat er vor ihr
auf den Knien gelegen?
Lisette. Leider für Sie alle beide!
Henriette. Und meine
Schwester stand da,-ich kann es Ihnen nicht beschreiben,-stand da, fast, als
wenn sie ihn in dieser unbequemen Stellung gerne gesehen hätte. Sie dauern
mich,
Theophan! -
Theophan. Soll ich Sie auch
bedauren, mitleidiges Kind?
Henriette. Mich bedauren? Sie
sollen mir Glück wünschen.
Lisette. Aber nein; so
etwas schreit um Rache!
Theophan. Und wie meint
Lisette denn, daß man sich rächen könne?
Lisette. Sie wollen sich
also doch rächen?
Theophan. Vielleicht.
Lisette. Und Sie sich auch,
Mamsell?
Henriette. Vielleicht.
Lisette. Gut! das sind zwei
Vielleicht, womit sich etwas anfangen läßt.
Theophan. Aber es ist noch
sehr ungewiß, ob Juliane den Adrast wiederliebt; und wenn dieses nicht
ist, so würde ich zu zeitig auf Rache denken.
Lisette. Oh! die
christliche Seele! Nun überlegt sie erst, daß man sich nicht
rächen soll.
Theophan. Nicht so
spöttisch, Lisette! Es würde hier von einer sehr unschuldigen Rache
die Rede sein.
Henriette. Das meine ich
auch; von einer sehr unschuldigen.
Lisette. Wer leugnet das?
von einer so unschuldigen, daß man sich mit gutem Gewissen darüber
beratschlagen kann. Hören Sie nur! Ihre Rache, Herr Theophan, wäre
eine männliche Rache, nicht wahr? und Ihre Rache,
Mamsell Henriette, wäre eine weibliche Rache: eine männliche Rache - nun,
und eine weibliche Rache - Ja! wie bringe ich wohl das Ding recht gescheut
herum?
Henriette. Du bist eine
Närrin mitsamt deinen Geschlechtern.
Lisette. Helfen Sie mir
doch ein wenig, Herr Theophan.-Was meinen Sie dazu? Wenn zwei Personen einerlei
Weg gehen müssen, nicht wahr? so ist es gut, daß diese zwei Personen
einander Gesellschaft leisten?
Theophan. Jawohl; aber
vorausgesetzt, daß diese zwei Personen einander leiden können.
Henriette. Das war der
Punkt!
Lisette (beiseite). Will
denn keines anbeißen? Ich muß einen andern Zipfel fassen.-Es ist
schon wahr, was Herr Theophan vorhin sagte, daß es nämlich noch sehr
ungewiß sei, ob Mamsell Juliane den Adrast liebe. Ich setze sogar hinzu.
Es ist noch sehr ungewiß, ob Herr Adrast Mamsell Julianen wirklich liebt.
Henriette. O schweig, du unglückliche Zweiflerin. Es soll nun aber gewiß sein!
Lisette. Die Mannspersonen
bekommen dann und wann gewisse Anfälle von einer gewissen wetterwendischen
Krankheit, die aus einer gewissen Überladung des Herzens entspringt.
Henriette. Aus einer
Überladung des Herzens? Schön gegeben!
Lisette. Ich will Ihnen
gleich sagen, was das heißt. So wie Leute, die sich den Magen
überladen haben, nicht eigentlich mehr wissen, was ihnen schmeckt, und was
ihnen nicht schmeckt: so geht es auch den Leuten, die sich das Herz
überladen haben. Sie wissen selbst nicht mehr, auf welche Seite das
überladene Herz hinhängt, und da trifft es sich denn wohl, daß
kleine Irrungen in der Person daraus entstehen.- Habe ich nicht recht, Herr
Theophan?
Theophan. Ich will es
überlegen.
Lisette. Sie sind freilich
eine weit bessere Art von Mannspersonen, und ich halte Sie für allzu
vorsichtig, als daß Sie Ihr Herz so überladen sollten.-Aber wissen
Sie wohl, was ich für einen Einfall habe, wie wir gleichwohl hinter die
Wahrheit mit dem Herrn Adrast und der Mamsell Juliane kommen wollen?
Theophan. Nun?
Henriette. Du würdest mich neugierig machen,
wenn ich nicht schon hinter der Wahrheit wäre. -
Lisette. Wie? wenn wir
einen gewissen blinden Lärm machten?
Henriette. Was ist das
wieder?
Lisette. Ein blinder
Lärm ist ein Lärm wohinter nichts ist; der aber doch die Gabe hat,
den Feind - zu einer gewissen Aufmerksamkeit zu bringen.-Zum Exempel: Um zu
erfahren, ob Mamsell Juliane den Adrast liebe, müßte sich Herr
Theophan in jemand anders verliebt stellen; und um zu erfahren, ob Adrast
Mamsell Julianen liebe, müßten Sie sich in jemand anders verliebt
stellen. Und da es nun nicht lassen würde, wenn sich Herr Theophan in mich
verliebt stellte, noch viel weniger, wenn Sie sich in seinen Martin verliebt
stellen wollten: so wäre, kurz und gut, mein Rat, Sie stellten sich beide
ineinander verliebt.-Ich rede nur von Stellen; merken Sie wohl, was ich sage!
nur von Stellen; denn sonst könnte der blinde Lärm auf einmal Augen
kriegen.-Nun sagen Sie mir beide, ist der Anschlag nicht gut?
Theophan (beiseite). Wo ich
nicht gehe, so wird sie noch machen, daß ich mich werde erklären müssen.-Der
Anschlag ist so schlimm nicht; aber -
Lisette. Sie sollen sich ja
nur stellen. -
Theophan. Das Stellen eben
ist es, was mir dabei nicht gefällt.
Lisette. Und Sie, Mamsell?
Henriette. Ich bin auch
keine Liebhaberin vom Stellen.
Lisette. Besorgen Sie beide
etwa, daß Sie es zu natürlich machen möchten?-Was stehen Sie so
auf dem Sprunge, Herr Theophan? Was stehen Sie so in Gedanken, Mamsell?
Henriette. Oh! geh; es
wäre in meinem Leben das erstemal.
Theophan. Ich muß mich auf einige
Augenblicke beurlauben, schönste Henriette. -
Lisette. Es ist nicht
nötig. Sie sollen mir wahrhaftig nicht nachsagen, daß ich Sie
weggeplaudert habe. Kommen Sie, Mamsell! -
Henriette. Es ist auch
wahr, dein Plaudern ist manchmal recht ärgerlich. Komm!-Theophan, soll ich
sagen, daß Sie nicht lange weg sein werden?
Theophan. Wenn ich bitten
darf. -
(Henriette und Lisette
geben auf der einen Seite ab. Indem Theophan auf der andern abgeben will,
begegnet ihm der Wechsler.)
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