Odoardo und Claudia Galotti. Pirro.
Odoardo. Sie bleibt mir zu lang aus - Claudia. Noch einen Augenblick, Odoardo! Es würde
sie schmerzen, deines Anblicks so zu verfehlen.
Odoardo. Ich muß auch
bei dem Grafen noch einsprechen. Kaum kann ich's erwarten, diesen würdigen
jungen Mann meinen Sohn zu nennen. Alles entzückt mich an ihm. Und vor allem der
Entschluß, in seinen väterlichen Tälern sich selbst zu leben.
Claudia. - Das Herz bricht
mir, wenn ich hieran gedenke. - So ganz sollen wir sie verlieren, diese
einzige, geliebte Tochter?
Odoardo. Was nennst du, sie
verlieren? Sie in den Armen der Liebe zu wissen? Vermenge dein Vergnügen
an ihr nicht mit ihrem Glücke. - Du möchtest meinen alten Argwohn
erneuern: - daß es mehr das Geräusch und die Zerstreuung der Welt,
mehr die Nähe des Hofes war als die Notwendigkeit, unserer Tochter eine
anständige Erziehung zu geben, was dich bewog, hier in der Stadt mit ihr
zu bleiben - fern von einem Manne und Vater, der euch so herzlich liebet.
Claudia. Wie ungerecht,
Odoardo! Aber laß mich
heute nur ein einziges Wort für diese Stadt, für diese Nähe des
Hofes sprechen, die deiner strengen Tugend so verhaßt sind. - Hier, nur
hier konnte die Liebe zusammenbringen, was füreinander geschaffen war.
Hier nur konnte der Graf Emilien finden; und fand sie.
Odoardo. Das räum ich
ein. Aber, gute Claudia, hattest du darum recht, weil dir der Ausgang recht
gibt? - Gut, daß es mit dieser Stadterziehung so abgelaufen! Laß
uns nicht weise sein wollen, wo wir nichts als glücklich gewesen! Gut,
daß es so damit abgelaufen! - Nun haben sie sich gefunden, die
füreinander bestimmt waren: nun laß sie ziehen, wohin Unschuld und
Ruhe sie rufen. - Was sollte der Graf hier? Sich bücken, schmeicheln und
kriechen und die Marinellis auszustechen suchen? um endlich ein Glück zu
machen, dessen er nicht bedarf? um endlich einer Ehre gewürdiget zu
werden, die für ihn keine wäre? - Pirro!
Pirro. Hier bin ich.
Odoardo. Geh und führe
mein Pferd vor das Haus des Grafen. Ich komme nach und will mich da wieder aufsetzen. (Pirro geht ab.) -
Warum soll der Graf hier dienen, wenn er dort selbst befehlen kann? - Dazu
bedenkest du nicht, Claudia, daß durch unsere Tochter er es vollends mit
dem Prinzen verderbt. Der Prinz haßt mich - Claudia. Vielleicht weniger,
als du besorgest.
Odoardo. Besorgest! Ich
besorg auch so was!
Claudia. Denn hab ich dir
schon gesagt, daß der Prinz unsere Tochter gesehen hat?
Odoardo. Der Prinz? Und wo
das?
Claudia. In der letzten Vegghia, bei dem Kanzler Grimaldi, die er mit seiner
Gegenwart beehrte. Er bezeigte
sich gegen sie so gnädig - Odoardo. So gnädig?
Claudia. Er unterhielt sich
mit ihr so lange - Odoardo. Unterhielt sich mit ihr?
Claudia. Schien von ihrer
Munterkeit und ihrem Witze so bezaubert - Odoardo. So bezaubert? - Claudia. Hat
von ihrer Schönheit mit so vielen Lobeserhebungen gesprochen - Odoardo.
Lobeserhebungen? Und das alles erzählst du mir in einem Tone der
Entzückung? O Claudia! eitle, törichte Mutter!
Claudia. Wieso?
Odoardo. Nun gut, nun gut! Auch
das ist so abgelaufen. - Ha! wenn ich mir einbilde - Das gerade wäre der
Ort, wo ich am tödlichsten zu verwunden bin! - Ein Wollüstling, der
bewundert, begehrt. - Claudia! Claudia! der bloße Gedanke setzt mich in Wut. - Du
hättest mir das sogleich sollen gemeldet haben. - Doch, ich möchte
dir heute nicht gern etwas Unangenehmes sagen. Und ich würde (indem sie
ihn bei der Hand ergreift), wenn ich länger bliebe. - Drum laß mich! laß mich! - Gott befohlen,
Claudia! - Kommt glücklich nach!
|