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Gotthold Ephraim Lessing
Minna von Barnhelm

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  • 5. Akt
    • 12. Szene (Zwei Bediente nacheinander, von verschiedenen Seiten über den Saal laufend. Die Vorigen.)
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12. Szene

(Zwei Bediente nacheinander, von verschiedenen Seiten über den Saal laufend. Die Vorigen.)

Eine Bediente. Gnädiges Fräulein, Ihro Exzellenz, der Graf! -

Andere Bediente. Er kömmt, gnädiges Fräulein! -

Franziska. (die ans Fenster gelaufen). Er ist es! er ist es!

Fräulein. Ist er's?-Oh, nun geschwind, Tellheim -

Tellheim. (auf einmal zu sich selbst kommend). Wer? wer kömmt? Ihr Oheim, Fräulein? dieser grausame Oheim?-Lassen Sie ihn nur kommen, lassen Sie ihn nur kommen!-Fürchten Sie nichts! Er soll Sie mit keinem Blicke beleidigen dürfen! Er hat es mit mir zu tun.-Zwar verdienen Sie es um mich nicht -

Fräulein. Geschwind umarmen Sie mich, Tellheim, und vergessen Sie alles -

Tellheim. Ha, wenn ich wüßte, daß Sie es bereuen könnten! -

Fräulein. Nein, ich kann es nicht bereuen, mir den Anblick Ihres ganzen Herzens verschafft zu haben!-Ah, was sind Sie für ein Mann!-Umarmen Sie Ihre Minna, Ihre glückliche Minna; aber durch nichts glücklicher als durch Sie! (Sie fällt ihm in die Arme.) Und nun, ihm entgegen! -

Tellheim. Wem entgegen?

Fräulein. Dem besten Ihrer unbekannten Freunde.

Tellheim. Wie?

Fräulein. Dem Grafen, meinem Oheim, meinem Vater, Ihrem Vater - Meine Flucht, sein Unwille, meine Enterbung - hören Sie denn nicht, daß alles erdichtet ist?-Leichtgläubiger Ritter!

Tellheim. Erdichtet?-Aber der Ring? der Ring?

Fräulein. Wo haben Sie den Ring, den ich Ihnen zurückgegeben?

Tellheim. Sie nehmen ihn wieder?-Oh, so bin ich glücklich!-Hier, Minna! - (Ihn herausziehend.)

Fräulein. So besehen Sie ihn doch erst!-Oh, über die Blinden, die nicht sehen wollen!-Welcher Ring ist es denn? Den ich von Ihnen habe, oder den Sie von mir?-Ist es denn nicht eben der, den ich in den Händen des Wirts nicht lassen wollen?

Tellheim. Gott! was seh ich? was hör ich?

Fräulein. Soll ich ihn nun wiedernehmen? soll ich?-Geben Sie her, geben Sie her! (Reißt ihn ihm aus der Hand und steckt ihn ihm selbst an den Finger.) Nun? ist alles richtig?

Tellheim. Wo bin ich? - (Ihre Hand küssend.) O boshafter Engel!-mich so zu quälen!

Fräulein. Dieses zur Probe, mein lieber Gemahl, daß Sie mir nie einen Streich spielen sollen, ohne daß ich Ihnen nicht gleich darauf wieder einen spiele.-Denken Sie, daß Sie mich nicht auch gequälet hatten?

Tellheim. O Komödiantinnen, ich hätte euch doch kennen sollen.

Franziska. Nein, wahrhaftig; ich bin zur Komödiantin verdorben. Ich habe gezittert und gebebt und mir mit der Hand das Maul zuhalten müssen.

Fräulein. Leicht ist mir meine Rolle auch nicht geworden.-Aber so kommen Sie doch!

Tellheim. Noch kann ich mich nicht erholen.-Wie wohl, wie ängstlich ist mir! So erwacht man plötzlich aus einem schreckhaften Traume!

Fräulein. Wir zaudern.-Ich höre ihn schon.




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