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Immanuel Kant
Kritik der Urteilskraft
IntraText CT - Text
Erster Teil. Kritik der ästhetischen Urteilskraft
Erster Abschnitt. Analytik der ästhetischen Urteilskraft
Zweites Buch Analytik des Erhabenen
Deduktion der reinen ästhetischen Urteile
§ 32 Erste Eigentümlichkeit des Geschmacksurteils
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§ 32
Erste
Eigentümlichkeit
des
Geschmacksurteils
Das
Geschmacksurteil
bestimmt
seinen
Gegenstand
in
Ansehung
des
Wohlgefallens
(als
Schönheit
) mit einem
Anspruche
auf
jedermanns
Beistimmung
, als ob es
objektiv
wäre
.
Sagen
: diese
Blume
ist
schön
,
heißt
ebensoviel
, als ihren
eigenen
Anspruch
auf
jedermanns
Wohlgefallen
ihr nur
nachsagen
. Durch die
Annehmlichkeit
ihres
Geruchs
hat sie
gar
keine
Ansprüche
. Den einen
ergötzt
dieser
Geruch
, dem
andern
benimmt
er den
Kopf
. Was
sollte
man nun anders daraus
vermuten
, als daß die
Schönheit
für
eine
Eigenschaft
der
Blume
selbst
gehalten
werden
müsse
, die sich nicht nach der
Verschiedenheit
der
Köpfe
und so
vieler
Sinne
richtet
,
sondern
wornach
sich diese
richten
müssen
, wenn sie
darüber
urteilen
wollen
? Und doch
verhält
es sich nicht so.
Denn
darin
besteht
eben
das
Geschmacksurteil
, daß es eine
Sache
nur nach
derjenigen
Beschaffenheit
schön
nennt
, in
welcher
sie sich nach unserer
Art
sie
aufzunehmen
richtet
.
Überdies
wird von jedem
Urteil
,
welches
den
Geschmack
des
Subjekts
beweisen
soll
,
verlangt
: daß das
Subjekt
für
sich, ohne
nötig
zu haben, durch
Erfahrung
unter den
Urteilen
anderer
herumzutappen
, und sich von ihrem
Wohlgefallen
oder
Mißfallen
an demselben
Gegenstande
vorher
zu
belehren
,
urteilen
,
mithin
sein
Urteil
nicht als
Nachahmung
, weil ein
Ding
etwa
wirklich
allgemein
gefällt
,
sondern
a
priori
aussprechen
solle
. Man
sollte
aber
denken
, daß ein
Urteil
a
priori
einen
Begriff
vom
Objekt
enthalten
müsse
, zu dessen
Erkenntnis
es das
Prinzip
enthält
; das
Geschmacksurteil
aber
gründet
sich
gar
nicht auf
Begriffe
, und ist
überall
nicht
Erkenntnis
,
sondern
nur ein
ästhetisches
Urteil
.
Daher
läßt
sich ein
junger
Dichter
von der
Überredung
, daß
sein
Gedicht
schön
sei
, nicht durch das
Urteil
des
Publikums
, noch seiner
Freunde
abbringen
; und, wenn er ihnen
Gehör
gibt
, so
geschieht
es nicht darum, weil er es nun anders
beurteilt
,
sondern
weil er,
wenngleich
(
wenigstens
in
Absicht
seiner) das
ganze
Publikum
einen
falschen
Geschmack
hätte, sich doch (selbst wider
sein
Urteil
) dem
gemeinen
Wahne
zu
bequemen
, in seiner
Begierde
nach
Beifall
Ursache
findet
. Nur
späterhin
, wenn seine
Urteilskraft
durch
Ausübung
mehr
geschärft
worden
,
geht
er
freiwillig
von seinem
vorigen
Urteile
ab; so wie er es auch mit seinen
Urteilen
hält
, die
ganz
auf der
Vernunft
beruhen
. Der
Geschmack
macht
bloß
auf
Autonomie
Anspruch
.
Fremde
Urteile
sich zum
Bestimmungsgrunde
des
seinigen
zu
machen
,
wäre
Heteronomie
. Daß man die
Werke
der
Alten
mit
Recht
zu
Mustern
anpreiset
, und die
Verfasser
derselben
klassisch
nennt
,
gleich
einem
gewissen
Adel
unter den
Schriftstellern
, der dem
Volke
durch seinen
Vorgang
Gesetze
gibt
:
scheint
Quellen
des
Geschmacks
a
posteriori
anzuzeigen
, und die
Autonomie
desselben
in jedem
Subjekte
zu
widerlegen
. Allein man
könnte
ebensogut
sagen
, daß die
alten
Mathematiker
, die bis jetzt
für
nicht
wohl
zu
entbehrende
Muster
der
höchsten
Gründlichkeit
und
Eleganz
der
synthetischen
Methode
gehalten
werden, auch eine
nachahmende
Vernunft
auf unserer
Seite
bewiesen
, und ein
Unvermögen
derselben
, aus sich selbst
strenge
Beweise
mit der
größten
Intuition
durch
Konstruktion
der
Begriffe
hervorzubringen
. Es
gibt
gar
keinen
Gebrauch
unserer
Kräfte
, so
frei
er auch
sein
mag
, und selbst der
Vernunft
(die alle ihre
Urteile
aus der
gemeinschaftlichen
Quelle
a
priori
schöpfen
muß
),
welcher
, wenn jedes
Subjekt
immer
gänzlich
von der
rohen
Anlage
seines
Naturells
anfangen
sollte
, nicht in
fehlerhafte
Versuche
geraten
würde
, wenn nicht
andere
mit den
ihrigen
ihm
vorgegangen
wären
, nicht um die
Nachfolgenden
zu
bloßen
Nachahmern
zu
machen
,
sondern
durch ihr
Verfahren
andere
auf die
Spur
zu
bringen
, um die
Prinzipien
in sich selbst zu
suchen
, und so ihren
eigenen
,
oft
besseren
,
Gang
zu
nehmen
. Selbst in der
Religion
, wo
gewiß
ein jeder die
Regel
seines
Verhaltens
aus sich selbst
hernehmen
muß
, weil er dafür auch selbst
verantwortlich
bleibt
, und die
Schuld
seiner
Vergehungen
nicht auf
andre
, als
Lehrer
oder
Vorgänger
,
schieben
kann, wird doch
nie
durch
allgemeine
Vorschriften
, die man entweder von
Priestern
oder
Philosophen
bekommen
, oder auch aus sich selbst
genommen
haben
mag
, so viel
ausgerichtet
werden, als durch ein
Beispiel
der
Tugend
oder
Heiligkeit
,
welches
, in der
Geschichte
aufgestellt
, die
Autonomie
der
Tugend
, aus der
eigenen
und
ursprünglichen
Idee
der
Sittlichkeit
(
a
priori
) nicht
entbehrlich
macht
, oder diese in einen
Mechanism
der
Nachahmung
verwandelt
.
Nachfolge
, die sich auf einen
Vorgang
bezieht
, nicht
Nachahmung
, ist der
rechte
Ausdruck
für
allen
Einfluß
,
welchen
Produkte
eines
exemplarischen
Urhebers
auf
andere
haben
können
;
welches
nur so viel
bedeutet
, als: aus
denselben
Quellen
schöpfen
,
woraus
jener
selbst
schöpfte
, und seinem
Vorgänger
nur die
Art
, sich dabei zu
benehmen
,
ablernen
. Aber unter
allen
Vermögen
und
Talenten
ist der
Geschmack
gerade
dasjenige
,
welches
, weil
sein
Urteil
nicht durch
Begriffe
und
Vorschriften
bestimmbar
ist, am
meisten
der
Beispiele
dessen, was sich im
Fortgange
der
Kultur
am
längsten
in
Beifall
erhalten
hat,
bedürftig
ist, um nicht
bald
wieder
ungeschlacht
zu werden, und in die
Rohigkeit
der
ersten
Versuche
zurückzufallen
.
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