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Immanuel Kant
Kritik der Urteilskraft
IntraText CT - Text
Erster Teil. Kritik der ästhetischen Urteilskraft
Erster Abschnitt. Analytik der ästhetischen Urteilskraft
Zweites Buch Analytik des Erhabenen
Deduktion der reinen ästhetischen Urteile
§ 43 Von der Kunst überhaupt
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§ 43
Von der
Kunst
überhaupt
1)
Kunst
wird von der
Natur
, wie Tun (
facere
) vom
Handeln
oder
Wirken
überhaupt
(
agere
), und das
Produkt
, oder die
Folge
der
erstern
, als
Werk
(
opus
) von der
letztern
als
Wirkung
(
effectus
)
unterschieden
.
Von
Rechts
wegen
sollte
man nur die
Hervorbringung
durch
Freiheit
,
d.i.
durch eine
Willkür
, die ihren
Handlungen
Vernunft
zum
Grunde
legt
,
Kunst
nennen
.
Denn
, ob man
gleich
das
Produkt
der
Bienen
(die
regelmäßig
gebaueten
Wachsscheiben
) ein
Kunstwerk
zu
nennen
beliebt
, so
geschieht
dieses doch nur wegen der
Analogie
mit der
letzteren
;
sobald
man sich
nämlich
besinnt
, daß sie ihre
Arbeit
auf keine eigene
Vernunftüberlegung
gründen
, so
sagt
man
alsbald
, es ist ein
Produkt
ihrer
Natur
(des
Instinkts
), und als
Kunst
wird es nur ihrem
Schöpfer
zugeschrieben
.
Wenn man bei
Durchsuchung
eines
Moorbruches
, wie es
bisweilen
geschehen
ist, ein
Stück
behauenes
Holz
antrifft
, so
sagt
man nicht, es ist ein
Produkt
der
Natur
,
sondern
der
Kunst
; die
hervorbringende
Ursache
desselben
hat sich einen
Zweck
gedacht
, dem dieses seine
Form
zu
danken
hat. Sonst
sieht
man
wohl
auch an allem eine
Kunst
, was so
beschaffen
ist, daß eine
Vorstellung
desselben
in ihrer
Ursache
vor
ihrer
Wirklichkeit
vorhergegangen
sein
muß
(wie selbst bei
Bienen
), ohne daß doch die
Wirkung
von ihr
eben
gedacht
sein
dürfe
; wenn man aber etwas
schlechthin
ein
Kunstwerk
nennt
, um es von einer
Naturwirkung
zu
unterscheiden
, so
versteht
man
allemal
darunter ein
Werk
der
Menschen
.
2)
Kunst
als
Geschicklichkeit
des
Menschen
wird auch von der
Wissenschaft
unterschieden
(
Können
vom
Wissen
), als
praktisches
vom
theoretischen
Vermögen
, als
Technik
von der
Theorie
(wie die
Feldmeßkunst
von der
Geometrie
). Und
da
wird auch das, was man kann,
sobald
man nur
weiß
, was
getan
werden
soll
, und also nur die
begehrte
Wirkung
genugsam
kennt
, nicht
eben
Kunst
genannt
. Nur das, was man, wenn man es auch auf das
vollständigste
kennt
,
dennoch
darum zu
machen
noch nicht
sofort
die
Geschicklichkeit
hat,
gehört
in so
weit
zur
Kunst
.
Camper
beschreibt
sehr
genau
, wie der
beste
Schuh
beschaffen
sein
müßte
, aber er konnte
gewiß
keinen
machen
15
.
3) Wird auch
Kunst
vom
Handwerke
unterschieden
; die
erste
heißt
freie
, die
andere
kann auch
Lohnkunst
heißen
. Man
sieht
die
erste
so an, als ob sie nur als
Spiel
,
d.i.
Beschäftigung
, die
für
sich selbst
angenehm
ist,
zweckmäßig
ausfallen
(
gelingen
)
könne
; die
zweite
so, daß sie als
Arbeit
,
d.i.
Beschäftigung
, die
für
sich selbst
unangenehm
(
beschwerlich
), und nur durch ihre
Wirkung
(
z
.
B
. den
Lohn
)
anlockend
ist,
mithin
zwangsmäßig
auferlegt
werden kann. Ob in der
Rangliste
der
Zünfte
Uhrmacher
für
Künstler
,
dagegen
Schmiede
für
Handwerker
gelten
sollen
: das
bedarf
eines
andern
Gesichtspunkts
der
Beurteilung
, als
derjenige
ist, den wir hier
nehmen
;
nämlich
die
Proportion
der
Talente
, die dem einen oder
anderen
dieser
Geschäfte
zum
Grunde
liegen
müssen
. Ob auch unter den
sogenannten
sieben
freien
Künsten
nicht einige, die den
Wissenschaften
beizuzählen
,
manche
auch, die mit
Handwerken
zu
vergleichen
sind,
aufgeführt
worden
sein
möchten
: davon will ich hier nicht
reden
. Daß aber in
allen
freien
Künsten
dennoch
etwas
Zwangsmäßiges
, oder, wie man es
nennt
, ein
Mechanismus
erforderlich
sei
, ohne
welchen
der
Geist
, der in der
Kunst
frei
sein
muß
und allein das
Werk
belebt
,
gar
keinen
Körper
haben und
gänzlich
verdunsten
würde
: ist nicht
unratsam
zu
erinnern
(
z
.
B
. in der
Dichtkunst
, die
Sprachrichtigkeit
und der
Sprachreichtum
,
imgleichen
die
Prosodie
und das
Silbenmaß
),
da
manche
neuere
Erzieher
eine
freie
Kunst
im
besten
zu
befördern
glauben
, wenn sie
allen
Zwang
von ihr
wegnehmen
, und sie aus
Arbeit
in
bloßes
Spiel
verwandeln
.
15
In meinen
Gegenden
sagt
der
gemeine
Mann, wenn man
ihm
etwa eine solche
Aufgabe
vorlegt
, wie
Kolumbus
mit seinem
Ei
: das ist keine
Kunst
, es ist nur eine
Wissenschaft
.
D.i.
wenn man es
weiß
, so kann man es; und
ebendieses
sagt
er von
allen
vorgeblichen
Künsten
des
Taschenspielers
. Die des
Seiltänzers
dagegen
wird er
gar
nicht in
Abrede
sein
,
Kunst
zu
nennen
.
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