Index
|
Wörter
:
alphabetisch
-
Frequenz
-
rückläufig
-
Länge
-
Statistik
|
Hilfe
|
IntraText-Bibliothek
Immanuel Kant
Kritik der Urteilskraft
IntraText CT - Text
Erster Teil. Kritik der ästhetischen Urteilskraft
Erster Abschnitt. Analytik der ästhetischen Urteilskraft
Zweites Buch Analytik des Erhabenen
Deduktion der reinen ästhetischen Urteile
§ 47 Erläuterung und Bestätigung obiger Erklärung vom Genie
zurück
-
vor
Hier klicken um die Links zu den Konkordanzen auszublenden
§ 47
Erläuterung
und
Bestätigung
obiger
Erklärung
vom
Genie
Darin ist
jedermann
einig
, daß
Genie
dem
Nachahmungsgeiste
gänzlich
entgegen
zu
setzen
sei
.
Da
nun
Lernen
nichts als
Nachahmen
ist, so kann die
größte
Fähigkeit
,
Gelehrigkeit
(
Kapazität
) als
Gelehrigkeit
, doch nicht
für
Genie
gelten
. Wenn man aber auch selbst
denkt
oder
dichtet
, und nicht
bloß
was
andere
gedacht
haben,
auffaßt
, ja sogar
für
Kunst
und
Wissenschaft
manches
erfindet
; so ist doch dieses auch noch nicht der
rechte
Grund
, um einen
solchen
(
oftmals
großen
)
Kopf
(im
Gegensatze
mit dem,
welcher
, weil er
niemals
etwas mehr als
bloß
lernen
und
nachahmen
kann, ein
Pinsel
heißt
) ein
Genie
zu
nennen
: weil
eben
das auch hätte
können
gelernt
werden, also doch auf dem
natürlichen
Wege
des
Forschens
und
Nachdenkens
nach
Regeln
liegt
, und von dem, was durch
Fleiß
vermittelst
der
Nachahmung
erworben
werden kann, nicht
spezifisch
unterschieden
ist. So kann man alles, was
Newton
in seinem
unsterblichen
Werke
der
Prinzipien
der
Naturphilosophie
, so ein
großer
Kopf
auch
erforderlich
war,
dergleichen
zu
erfinden
,
vorgetragen
hat,
gar
wohl
lernen
; aber man kann nicht
geistreich
dichten
lernen
, so
ausführlich
auch alle
Vorschriften
für
die
Dichtkunst
, und so
vortrefflich
auch die
Muster
derselben
sein
mögen
. Die
Ursache
ist, daß
Newton
alle seine
Schritte
, die er von den
ersten
Elementen
der
Geometrie
an, bis zu seinen
großen
und
tiefen
Erfindungen
, zu tun hatte, nicht allein sich selbst,
sondern
jedem
andern
,
ganz
anschaulich
und zur
Nachfolge
bestimmt
vormachen
könnte
; kein
Homer
aber oder
Wieland
anzeigen
kann, wie sich seine
phantasiereichen
und doch
zugleich
gedankenvollen
Ideen
in seinem
Kopfe
hervor
und
zusammen
finden
, darum weil er es selbst nicht
weiß
und es also auch
keinen
andern
lehren
kann. Im
Wissenschaftlichen
also ist der
größte
Erfinder
vom
mühseligsten
Nachahmer
und
Lehrlinge
nur dem
Grade
nach,
dagegen
von dem,
welchen
die
Natur
für
die
schöne
Kunst
begabt
hat,
spezifisch
unterschieden
.
Indes
liegt
hierin keine
Herabsetzung
jener
großen
Männer
, denen das
menschliche
Geschlecht
so viel zu
verdanken
hat, gegen die
Günstlinge
der
Natur
in
Ansehung
ihres
Talents
für
die
schöne
Kunst
.
Eben
darin, daß
jener
Talent
zur immer
fortschreitenden
größeren
Vollkommenheit
der
Erkenntnisse
und alles
Nutzens
, der davon
abhängig
ist,
imgleichen
zur
Belehrung
anderer in
ebendenselben
Kenntnissen
gemacht
ist,
besteht
ein
großer
Vorzug
derselben
vor
denen,
welche
die
Ehre
verdienen
,
Genies
zu
heißen
: weil
für
diese die
Kunst
irgendwo
stillsteht
,
indem
ihr eine
Grenze
gesetzt
ist, über die sie nicht
weitergehen
kann, die
vermutlich
auch schon seit
lange
her
erreicht
ist und nicht mehr
erweitert
werden kann; und
überdem
eine solche
Geschicklichkeit
sich auch nicht
mitteilen
läßt
,
sondern
jedem
unmittelbar
von der
Hand
der
Natur
erteilt
sein
will, mit
ihm
also
stirbt
, bis die
Natur
einmal
einen
andern
wiederum
ebenso
begabt
, der nichts weiter als eines
Beispiels
bedarf
, um das
Talent
, dessen er sich
bewußt
ist, auf
ähnliche
Art
wirken
zu
lassen
.
Da
die
Naturgabe
der
Kunst
(als
schönen
Kunst
) die
Regel
geben
muß
;
welcherlei
Art
ist
denn
diese
Regel
? Sie kann in keiner
Formel
abgefaßt
zur
Vorschrift
dienen
;
denn
sonst
würde
das
Urteil
über das
Schöne
nach
Begriffen
bestimmbar
sein
;
sondern
die
Regel
muß
von der
Tat
,
d.i.
vom
Produkt
abstrahiert
werden, an
welchem
andere
ihr eigenes
Talent
prüfen
mögen
, um sich
jenes
zum
Muster
, nicht der
Nachmachung
,
sondern
der
Nachahmung
,
dienen
zu
lassen
. Wie dieses
möglich
sei
, ist
schwer
zu
erklären
. Die
Ideen
des
Künstlers
erregen
ähnliche
Ideen
seines
Lehrlings
, wenn
ihn
die
Natur
mit einer
ähnlichen
Proportion
der
Gemütskräfte
versehen
hat. Die
Muster
der
schönen
Kunst
sind daher die
einzigen
Leitungsmittel
, diese auf die
Nachkommenschaft
zu
bringen
:
welches
durch
bloße
Beschreibungen
nicht
geschehen
könnte
(
vornehmlich
nicht im
Fache
der
redenden
Künste
); und auch in diesen
können
nur die in
alten
,
toten
, und jetzt nur als
gelehrte
aufbehaltenen
Sprachen
klassisch
werden.
Obzwar
mechanische
und
schöne
Kunst
, die
erste
, als
bloße
Kunst
des
Fleißes
und der
Erlernung
, die
zweite
als die des
Genies
, sehr von
einander
unterschieden
sind; so
gibt
es doch keine
schöne
Kunst
, in
welcher
nicht etwas
Mechanisches
,
welches
nach
Regeln
gefaßt
und
befolgt
werden kann, und also etwas
Schulgerechtes
die
wesentliche
Bedingung
der
Kunst
ausmachte
.
Denn
etwas
muß
dabei als
Zweck
gedacht
werden, sonst kann man ihr
Produkt
gar
keiner
Kunst
zuschreiben
; es
wäre
ein
bloßes
Produkt
des
Zufalls
. Um aber einen
Zweck
ins
Werk
zu
richten
, dazu werden
bestimmte
Regeln
erfordert
, von denen man sich nicht
freisprechen
darf
.
Da
nun die
Originalität
des
Talents
ein (aber nicht das
einzige
)
wesentliches
Stück
vom
Charakter
des
Genies
ausmacht
; so
glauben
seichte
Köpfe
, daß sie nicht
besser
zeigen
können
, sie
wären
aufblühende
Genies
, als wenn sie sich vom
Schulzwange
aller
Regeln
lossagen
, und
glauben
, man
paradiere
besser
auf einem
kollerichten
Pferde
, als auf einem
Schulpferde
. Das
Genie
kann nur
reichen
Stoff
zu
Produkten
der
schönen
Kunst
hergeben
; die
Verarbeitung
desselben
und die
Form
erfordert
ein durch die
Schule
gebildetes
Talent
, um einen
Gebrauch
davon zu
machen
, der
vor
der
Urteilskraft
bestehen
kann. Wenn aber
jemand
sogar in
Sachen
der
sorgfältigsten
Vernunftuntersuchung
wie ein
Genie
spricht
und
entscheidet
, so ist es
vollends
lächerlich
; man
weiß
nicht
recht
, ob man mehr über den
Gaukler
, der um sich so viel
Dunst
verbreitet
,
wobei
man nichts
deutlich
beurteilen
, aber
desto
mehr sich
einbilden
kann, oder mehr über das
Publikum
lachen
soll
,
welches
sich
treuherzig
einbildet
, daß
sein
Unvermögen
, das
Meisterstück
der
Einsicht
deutlich
erkennen
und
fassen
zu
können
, daher
komme
, weil
ihm
neue
Wahrheiten
in
ganzen
Massen
zugeworfen
werden,
wogegen
ihm
das
Detail
(durch
abgemessene
Erklärungen
und
schulgerechte
Prüfung
der
Grundsätze
) nur
Stümperwerk
zu
sein
scheint
.
zurück
-
vor
Index
|
Wörter
:
alphabetisch
-
Frequenz
-
rückläufig
-
Länge
-
Statistik
|
Hilfe
|
IntraText-Bibliothek
Best viewed with any browser at 800x600 or 768x1024 on Tablet PC
IntraText®
(V89) - Some rights reserved by
EuloTech SRL
- 1996-2007. Content in this page is licensed under a
Creative Commons License