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Immanuel Kant
Kritik der Urteilskraft
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Erster Teil. Kritik der ästhetischen Urteilskraft
Zweiter Abschnitt. Die Dialektik der ästhetischen Urteilskraft
§ 58 Vom Idealismus der Zweckmäßigkeit der Natur sowohl als Kunst, als dem alleinigen Prinzip der ästhetischen Urteilskraft
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§ 58
Vom
Idealismus
der
Zweckmäßigkeit
der
Natur
sowohl als
Kunst
, als dem
alleinigen
Prinzip
der
ästhetischen
Urteilskraft
Man kann
zuvörderst
das
Prinzip
des
Geschmacks
entweder darin
setzen
, daß dieser
jederzeit
nach
empirischen
Bestimmungsgründen
, und also nach
solchen
, die nur
a
posteriori
durch
Sinne
gegeben
werden, oder man kann
einräumen
, daß er aus einem
Grunde
a
priori
urteile
. Das
erstere
wäre
der
Empirism
der
Kritik
des
Geschmacks
, das
zweite
der
Rationalism
derselben
. Nach dem
ersten
wäre
das
Objekt
unseres
Wohlgefallens
nicht vom
Angenehmen
, nach dem
zweiten
, wenn das
Urteil
auf
bestimmten
Begriffen
beruhete
, nicht vom
Guten
unterschieden
; und so
würde
alle
Schönheit
aus der
Welt
weggeleugnet
, und nur ein
besonderer
Name
, vielleicht
für
eine
gewisse
Mischung
von
beiden
vorgenannten
Arten
des
Wohlgefallens
, an dessen Statt
übrigbleiben
. Allein wir haben
gezeigt
, daß es auch
Gründe
des
Wohlgefallens
a
priori
gebe
, die also mit dem
Prinzip
des
Rationalisms
zusammen
bestehen
können
,
ungeachtet
sie nicht in
bestimmte
Begriffe
gefaßt
werden
können
.
Der
Rationalism
des
Prinzips
des
Geschmacks
ist
dagegen
entweder der des
Realisms
der
Zweckmäßigkeit
, oder des
Idealisms
derselben
. Weil nun ein
Geschmacksurteil
kein
Erkenntnisurteil
, und
Schönheit
keine
Beschaffenheit
des
Objekts
,
für
sich
betrachtet
, ist; so kann der
Rationalism
des
Prinzips
des
Geschmacks
niemals
darin
gesetzt
werden, daß die
Zweckmäßigkeit
in diesem
Urteile
als
objektiv
gedacht
werde
,
d.i.
daß das
Urteil
theoretisch
,
mithin
auch
logisch
(
wenngleich
nur in einer
verworrenen
Beurteilung
), auf die
Vollkommenheit
des
Objekts
,
sondern
nur
ästhetisch
, auf die
Übereinstimmung
seiner
Vorstellung
in der
Einbildungskraft
mit den
wesentlichen
Prinzipien
der
Urteilskraft
überhaupt
, im
Subjekte
gehe
.
Folglich
kann, selbst nach dem
Prinzip
des
Rationalisms
das
Geschmacksurteil
und der
Unterschied
des
Realisms
und
Idealisms
desselben
nur darin
gesetzt
werden, daß entweder
jene
subjektive
Zweckmäßigkeit
im
erstern
Falle
als
wirklicher
(
absichtlicher
)
Zweck
der
Natur
(oder der
Kunst
) mit unserer
Urteilskraft
übereinzustimmen
, oder im
zweiten
Falle
nur als eine, ohne
Zweck
, von selbst und
zufälligerweise
sich
hervortuende
zweckmäßige
Übereinstimmung
zu dem
Bedürfnis
der
Urteilskraft
, in
Ansehung
der
Natur
und ihrer nach
besondern
Gesetzen
erzeugten
Formen
,
angenommen
werde
.
Dem
Realism
der
ästhetischen
Zweckmäßigkeit
der
Natur
,
da
man
nämlich
annehmen
möchte
: daß der
Hervorbringung
des
Schönen
eine
Idee
desselben
in der
hervorbringenden
Ursache
,
nämlich
ein
Zweck
zu
Gunsten
unserer
Einbildungskraft
, zum
Grunde
gelegen
habe,
reden
die
schönen
Bildungen
im
Reiche
der
organisierten
Natur
gar
sehr das
Wort
. Die
Blumen
,
Blüten
, ja die
Gestalten
ganzer
Gewächse
, die
für
ihren
eigenen
Gebrauch
unnötige
, aber
für
unsern
Geschmack
gleichsam
ausgewählte
Zierlichkeit
der
tierischen
Bildungen
von
allerlei
Gattungen
;
vornehmlich
die unsern
Augen
so
wohlgefällige
und
reizende
Mannigfaltigkeit
und
harmonische
Zusammensetzung
der
Farben
(am
Fasan
, an
Schaltieren
,
Insekten
, bis zu den
gemeinsten
Blumen
), die,
indem
sie
bloß
die
Oberfläche
, und auch an dieser nicht
einmal
die
Figur
der
Geschöpfe
,
welche
doch noch zu den
innern
Zwecken
derselben
erforderlich
sein
könnte
,
betreffen
,
gänzlich
auf
äußere
Beschauung
abgezweckt
zu
sein
scheinen
:
geben
der
Erklärungsart
durch
Annehmung
wirklicher
Zwecke
der
Natur
für
unsere
ästhetische
Urteilskraft
ein
großes
Gewicht
.
Dagegen
widersetzt
sich dieser
Annahme
nicht allein die
Vernunft
durch ihre
Maximen
,
allerwärts
die
unnötige
Vervielfältigung
der
Prinzipien
nach aller
Möglichkeit
zu
verhüten
;
sondern
die
Natur
zeigt
in ihren
freien
Bildungen
überall
so viel
mechanischen
Hang
zu
Erzeugung
von
Formen
, die
für
den
ästhetischen
Gebrauch
unserer
Urteilskraft
gleichsam
gemacht
zu
sein
scheinen
, ohne den
geringsten
Grund
zur
Vermutung
an die
Hand
zu
geben
, daß es dazu noch etwas mehr, als ihres
Mechanisms
,
bloß
als
Natur
,
bedürfe
,
wornach
sie, auch ohne alle ihnen zum
Grunde
liegende
Idee
,
für
unsere
Beurteilung
zweckmäßig
sein
können
. Ich
verstehe
aber unter einer
freien
Bildung
der
Natur
diejenige
,
wodurch
aus einem
Flüssigen
in
Ruhe
, durch
Verflüchtigung
oder
Absonderung
eines
Teils
desselben
(
bisweilen
bloß
der
Wärmmaterie
) das
übrige
bei dem
Festwerden
eine
bestimmte
Gestalt
, oder
Gewebe
(
Figur
oder
Textur
),
annimmt
, die, nach der
spezifischen
Verschiedenheit
der
Materien
, verschieden, in
ebenderselben
aber
genau
dieselbe
ist.
Hiezu
aber wird, was man unter einer
wahren
Flüßigkeit
jederzeit
versteht
,
nämlich
daß die
Materie
in ihr
völlig
aufgelöset
,
d.i.
nicht als ein
bloßes
Gemenge
fester
und darin
bloß
schwebender
Teile
anzusehen
sei
,
vorausgesetzt
.
Die
Bildung
geschieht
alsdann
durch
Anschießen
,
d.i.
durch ein
plötzliches
Festwerden
, nicht durch einen
allmählichen
Übergang
aus dem
flüssigen
in den
festen
Zustand
,
sondern
gleichsam
durch einen
Sprung
,
welcher
Übergang
auch das
Kristallisieren
genannt
wird. Das
gemeinste
Beispiel
von dieser
Art
Bildung
ist das
gefrierende
Wasser
, in
welchem
sich
zuerst
gerade
Eisstrählchen
erzeugen
, die in
Winkeln
von
60Grad
sich
zusammenfügen
,
indes
sich
andere
an jedem
Punkt
derselben
ebenso
ansetzen
, bis alles zu
Eis
geworden
ist: so daß
während
dieser
Zeit
, das
Wasser
zwischen den
Eisstrählchen
nicht
allmählich
zäher
wird,
sondern
so
vollkommen
flüssig
ist, als es bei
weit
größerer
Wärme
sein
würde
, und doch die
völlige
Eiskälte
hat. Die sich
absondernde
Materie
, die im
Augenblicke
des
Festwerdens
plötzlich
entwischt
, ist ein
ansehnliches
Quantum
von
Wärmestoff
, dessen
Abgang
,
da
es
bloß
zum
Flüssigsein
erfordert
ward
, dieses
nunmehrige
Eis
nicht im
mindesten
kälter
, als das
kurz
vorher
in
ihm
flüssige
Wasser
zurückläßt
.
Viele
Salze
,
imgleichen
Steine
, die eine
kristallinische
Figur
haben, werden
ebenso
von einer im
Wasser
, wer
weiß
durch was
für
Vermittelung
,
aufgelöseten
Erdart
erzeugt
.
Ebenso
bilden
sich die
drusichten
Konfigurationen
vieler
Mineralien
, des
würflichten
Bleiglanzes
, des
Rotgüldenerzes
u
.
dgl
., allem
Vermuten
nach auch im
Wasser
, und durch
Anschießen
der
Teile
:
indem
sie durch irgendeine
Ursache
genötigt
werden, dieses
Vehikel
zu
verlassen
, und sich
untereinander
in
bestimmte
äußere
Gestalten
zu
vereinigen
.
Aber auch
innerlich
zeigen
alle
Materien
,
welche
bloß
durch
Hitze
flüssig
waren
und durch
Erkalten
Festigkeit
angenommen
haben, im
Bruche
eine
bestimmte
Textur
, und
lassen
daraus
urteilen
, daß, wenn nicht ihr eigenes
Gewicht
oder die
Luftberührung
es
gehindert
hätte, sie auch
äußerlich
ihre
spezifisch
eigentümliche
Gestalt
würden
gewiesen
haben:
dergleichen
man an
einigen
Metallen
, die nach der
Schmelzung
äußerlich
erhärtet
,
inwendig
aber noch
flüssig
waren
, durch
Abzapfen
des
innern
noch
flüssigen
Teils
und
nunmehriges
ruhiges
Anschießen
des
übrigen
inwendig
zurückgebliebenen
,
beobachtet
hat. Viele von
jenen
mineralischen
Kristallisationen
, als die
Spatdrusen
, der
Glaskopf
, die
Eisenblüte
,
geben
oft
überaus
schöne
Gestalten
, wie sie die
Kunst
nur immer
ausdenken
möchte
; und die
Glorie
in der
Höhle
von
Antiparos
ist
bloß
das
Produkt
eines sich durch
Gipslager
durchsickernden
Wassers
.
Das
Flüssige
ist, allem
Ansehen
nach,
überhaupt
älter
als das
Feste
, und sowohl die
Pflanzen
als
tierische
Körper
werden aus
flüssiger
Nahrungsmaterie
gebildet
,
sofern
sie sich in
Ruhe
formt
:
freilich
zwar in der
letztern
zuvörderst
nach einer
gewissen
ursprünglichen
auf
Zwecke
gerichteten
Anlage
(die, wie im
zweiten
Teile
gewiesen
werden wird, nicht
ästhetisch
,
sondern
teleologisch
, nach dem
Prinzip
des
Realisms
beurteilt
werden
muß
); aber
nebenbei
doch auch vielleicht als, dem
allgemeinen
Gesetze
der
Verwandtschaft
der
Materien
gemäß
,
anschießend
und sich in
Freiheit
bildend
. So wie nun die in einer
Atmosphäre
,
welche
ein
Gemisch
verschiedener
Luftarten
ist,
aufgelöseten
wäßrigen
Flüssigkeiten
, wenn sich die
letzteren
, durch
Abgang
der
Wärme
von
jener
scheidend
,
Schneefiguren
erzeugen
, die nach
Verschiedenheit
der
dermaligen
Luftmischung
von
oft
sehr
künstlich
scheinender
und
überaus
schöner
Figur
sind; so
läßt
sich, ohne dem
teleologischen
Prinzip
der
Beurteilung
der
Organisation
etwas zu
entziehen
,
wohl
denken
: daß, was die
Schönheit
der
Blumen
, der
Vogelfedern
, der
Muscheln
, ihrer
Gestalt
sowohl als
Farbe
nach,
betrifft
, diese der
Natur
und ihrem
Vermögen
, sich in ihrer
Freiheit
ohne
besondere
darauf
gerichtete
Zwecke
, nach
chemischen
Gesetzen
, durch
Absetzung
der zur
Organisation
erforderlichen
Materie
, auch
ästhetisch-zweckmäßig
zu
bilden
,
zugeschrieben
werden
könne
.
Was aber das
Prinzip
der
Idealität
der
Zweckmäßigkeit
im
Schönen
der
Natur
, als
dasjenige
,
welches
wir im
ästhetischen
Urteile
selbst
jederzeit
zum
Grunde
legen
, und
welches
uns
keinen
Realism
eines
Zwecks
derselben
für
unsere
Vorstellungskraft
zum
Erklärungsgrunde
zu
brauchen
erlaubt
,
geradezu
beweiset
: ist, daß wir in der
Beurteilung
der
Schönheit
überhaupt
das
Richtmaß
derselben
a
priori
in uns selbst
suchen
, und die
ästhetische
Urteilskraft
in
Ansehung
des
Urteils
, ob etwas
schön
sei
oder nicht, selbst
gesetzgebend
ist,
welches
bei
Annehmung
des
Realisms
der
Zweckmäßigkeit
der
Natur
nicht
stattfinden
kann; weil wir
da
von der
Natur
lernen
müßten
, was wir
schön
zu
finden
hätten
, und das
Geschmacksurteil
empirischen
Prinzipien
unterworfen
sein
würde
.
Denn
in einer
solchen
Beurteilung
kommt
es nicht darauf an, was die
Natur
ist, oder auch
für
uns als
Zweck
ist,
sondern
wie wir sie
aufnehmen
. Es
würde
immer eine
objektive
Zweckmäßigkeit
der
Natur
sein
, wenn sie
für
unser
Wohlgefallen
ihre
Formen
gebildet
hätte; und nicht eine
subjektive
Zweckmäßigkeit
,
welche
auf dem
Spiele
der
Einbildungskraft
in ihrer
Freiheit
beruhete
, wo es
Gunst
ist, womit wir die
Natur
aufnehmen
, nicht
Gunst
, die sie uns
erzeigt
. Die
Eigenschaft
der
Natur
, daß sie
für
uns
Gelegenheit
enthält
, die
innere
Zweckmäßigkeit
in dem
Verhältnisse
unserer
Gemütskräfte
in
Beurteilung
gewisser
Produkte
derselben
wahrzunehmen
, und zwar als eine solche, die aus einem
übersinnlichen
Grunde
für
notwendig
und
allgemeingültig
erklärt
werden
soll
, kann nicht
Naturzweck
sein
, oder
vielmehr
von uns als ein
solcher
beurteilt
werden: weil sonst das
Urteil
, das
dadurch
bestimmt
würde
,
Heteronomie
, aber nicht, wie es einem
Geschmacksurteile
geziemt
,
frei
sein
, und
Autonomie
zum
Grunde
haben
würde
.
In der
schönen
Kunst
ist das
Prinzip
des
Idealisms
der
Zweckmäßigkeit
noch
deutlicher
zu
erkennen
.
Denn
, daß hier nicht ein
ästhetischer
Realism
derselben
, durch
Empfindungen
(
wobei
sie statt
schöner
bloß
angenehme
Kunst
sein
würde
),
angenommen
werden
könne
: das hat sie mit der
schönen
Natur
gemein
. Allein daß das
Wohlgefallen
durch
ästhetische
Ideen
nicht von der
Erreichung
bestimmter
Zwecke
(als
mechanisch
absichtliche
Kunst
)
abhängen
müsse
,
folglich
, selbst im
Rationalism
des
Prinzips
,
Idealität
der
Zwecke
, nicht
Realität
derselben
, zum
Grunde
liege
:
leuchtet
auch schon
dadurch
ein, daß
schöne
Kunst
, als solche, nicht als ein
Produkt
des
Verstandes
und der
Wissenschaft
,
sondern
des
Genies
betrachtet
werden
muß
und also durch
ästhetische
Ideen
,
welche
von
Vernunftideen
bestimmter
Zwecke
wesentlich
unterschieden
sind, ihre
Regel
bekomme
.
So wie die
Idealität
der
Gegenstände
der
Sinne
als
Erscheinungen
die
einzige
Art
ist, die
Möglichkeit
zu
erklären
, daß ihre
Formen
a
priori
bestimmt
werden
können
; so ist auch der
Idealism
der
Zweckmäßigkeit
, in
Beurteilung
des
Schönen
der
Natur
und der
Kunst
, die
einzige
Voraussetzung
, unter der allein die
Kritik
die
Möglichkeit
eines
Geschmacksurteils
,
welches
a
priori
Gültigkeit
für
jedermann
fordert
(ohne doch die
Zweckmäßigkeit
, die am
Objekte
vorgestellt
wird, auf
Begriffe
zu
gründen
),
erklären
kann.
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