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Immanuel Kant
Kritik der Urteilskraft
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Zweiter Teil. Kritik der teleologischen Urteilskraft
Erste Abteilung. Analytik der teleologischen Urteilskraft
§ 67 Vom Prinzip der teleologischen Beurteilung der Natur überhaupt als System der Zwecke
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§ 67
Vom
Prinzip
der
teleologischen
Beurteilung
der
Natur
überhaupt
als
System
der
Zwecke
Wir haben oben von der
äußeren
Zweckmäßigkeit
der
Naturdinge
gesagt
. daß sie keine
hinreichende
Berechtigung
gebe
, sie
zugleich
als
Zwecke
der
Natur
, zu
Erklärungsgründen
ihres
Daseins
, und die
zufällig-zweckmäßigen
Wirkungen
derselben
in der
Idee
, zu
Gründen
ihres
Daseins
nach dem
Prinzip
der
Endursachen
zu
brauchen
. So kann man die
Flüsse
, weil sie die
Gemeinschaft
im
Innern
der
Länder
unter
Völkern
befördern
, die
Gebirge
, weil sie zu diesen die
Quellen
und zur
Erhaltung
derselben
den
Schneevorrat
für
regenlose
Zeiten
enthalten
,
imgleichen
den
Abhang
der
Länder
, der diese
Gewässer
abführt
und das
Land
trocken
werden
läßt
, darum nicht
sofort
für
Naturzwecke
halten
: weil,
obzwar
diese
Gestalt
der
Oberfläche
der
Erde
zur
Entstehung
und
Erhaltung
des
Gewächs-
und
Tierreichs
sehr
nötig
war, sie doch nichts an sich hat, zu dessen
Möglichkeit
man sich
genötigt
sähe
eine
Kausalität
nach
Zwecken
anzunehmen
.
Ebendas
gilt
von
Gewächsen
, die der
Mensch
zu seiner
Notdurft
oder
Ergötzlichkeit
nutzt
: von
Tieren
, dem
Kamele
, dem
Rinde
, dem
Pferde
,
Hunde
usw
., die er
teils
zu seiner
Nahrung
,
teils
seinem
Dienste
so
vielfältig
gebrauchen
und
großenteils
gar
nicht
entbehren
kann. Von
Dingen
, deren
keines
für
sich als
Zweck
anzusehen
man
Ursache
hat, kann das
äußere
Verhältnis
nur
hypothetisch
für
zweckmäßig
beurteilt
werden.
Ein
Ding
, seiner
innern
Form
halber
, als
Naturzweck
beurteilen
, ist
ganz
etwas
anderes
, als die
Existenz
dieses
Dinges
für
Zweck
der
Natur
halten
. Zu der
letztern
Behauptung
bedürfen
wir nicht
bloß
den
Begriff
von einem
möglichen
Zweck
,
sondern
die
Erkenntnis
des
Endzwecks
(
scopus
) der
Natur
,
welches
eine
Beziehung
derselben
auf etwas
übersinnliches
bedarf
, die alle
unsere
teleologische
Naturerkenntnis
weit
übersteigt
;
denn
der
Zweck
der
Existenz
der
Natur
selbst
muß
über die
Natur
hinaus
gesucht
werden. Die
innere
Form
eines
bloßen
Grashalms
kann seinen
bloß
nach der
Regel
der
Zwecke
möglichen
Ursprung
,
für
unser
menschliches
Beurteilungsvermögen
hinreichend
,
beweisen
.
Geht
man aber davon ab, und
sieht
nur auf den
Gebrauch
, den
andere
Naturwesen
davon
machen
,
verläßt
also die
Betrachtung
der
innern
Organisation
und
sieht
nur auf
äußere
zweckmäßige
Beziehungen
, wie das
Gras
dem
Vieh
, wie dieses dem
Menschen
als
Mittel
zu seiner
Existenz
nötig
sei
; und man
sieht
nicht, warum es
denn
nötig
sei
, daß
Menschen
existieren
(
welches
, wenn man etwa die
Neuholländer
oder
Feuerländer
in
Gedanken
hat, so
leicht
nicht zu
beantworten
sein
möchte
): so
gelangt
man zu
keinem
kategorischen
Zwecke
,
sondern
alle diese
zweckmäßige
Beziehung
beruht
auf einer immer weiter
hinauszusetzenden
Bedingung
, die als
unbedingt
(das
Dasein
eines
Dinges
als
Endzweck
)
ganz
außerhalb
der
physisch-teleologischen
Weltbetrachtung
liegt
.
Alsdenn
aber ist ein
solches
Ding
auch nicht
Naturzweck
;
denn
es ist (oder seine
ganze
Gattung
) nicht als
Naturprodukt
anzusehen
.
Es ist also nur die
Materie
,
sofern
sie
organisiert
ist,
welche
den
Begriff
von ihr als einem
Naturzwecke
notwendig
bei sich
führt
, weil diese ihre
spezifische
Form
zugleich
Produkt
der
Natur
ist. Aber dieser
Begriff
führt
nun
notwendig
auf die
Idee
der
gesamten
Natur
als eines
Systems
nach der
Regel
der
Zwecke
;
welcher
Idee
nun aller
Mechanism
der
Natur
nach
Prinzipien
der
Vernunft
(
wenigstens
um daran die
Naturerscheinung
zu
versuchen
)
untergeordnet
werden
muß
. Das
Prinzip
der
Vernunft
ist ihr als nur
subjektiv
,
d.i.
als
Maxime
zuständig
: Alles in der
Welt
ist
irgend
wozu
gut
; nichts ist in ihr
umsonst
; und man ist durch das
Beispiel
, das die
Natur
an ihren
organischen
Produkten
gibt
,
berechtigt
, ja
berufen
, von ihr und ihren
Gesetzen
nichts, als was im
Ganzen
zweckmäßig
ist, zu
erwarten
.
Es
versteht
sich, daß dieses nicht ein
Prinzip
für
die
bestimmende
,
sondern
nur
für
die
reflektierende
Urteilskraft
sei
, daß es
regulativ
und nicht
konstitutiv
sei
, und wir
dadurch
nur einen
Leitfaden
bekommen
, die
Naturdinge
in
Beziehung
auf einen
Bestimmungsgrund
, der schon
gegeben
ist, nach einer
neuen
gesetzlichen
Ordnung
zu
betrachten
, und die
Naturkunde
nach einem
andern
Prinzip
,
nämlich
dem der
Endursachen
, doch
unbeschadet
dem des
Mechanisms
ihrer
Kausalität
, zu
erweitern
.
Übrigens
wird
dadurch
keinesweges
ausgemacht
, ob
irgend
etwas, das wir nach diesem
Prinzip
beurteilen
,
absichtlich
Zweck
der
Natur
sei
: ob die
Gräser
für
das
Rind
oder
Schaf
, und ob dieses und die
übrigen
Naturdinge
für
den
Menschen
da
sind. Es ist
gut
, selbst die uns
unangenehmen
und in
besondern
Beziehungen
zweckwidrigen
Dinge
auch von dieser
Seite
zu
betrachten
. So
könnte
man
z
.
B
.
sagen
: das
Ungeziefer
,
welches
die
Menschen
in ihren
Kleidern
,
Haaren
, oder
Bettstellen
plagt
,
sei
nach einer
weisen
Naturanstalt
ein
Antrieb
zur
Reinlichkeit
, die
für
sich schon ein
wichtiges
Mittel
der
Erhaltung
der
Gesundheit
ist. Oder die
Moskitomücken
und
andere
stechende
Insekten
,
welche
die
Wüsten
von
Amerika
den
Wilden
so
beschwerlich
machen
,
seien
so viel
Stacheln
der
Tätigkeit
für
diese
angehende
Menschen
, um die
Moräste
abzuleiten
, und die
dichten
den
Luftzug
abhaltenden
Wälder
licht
zu
machen
, und
dadurch
,
imgleichen
durch den
Anbau
des
Bodens
, ihren
Aufenthalt
zugleich
gesünder
zu
machen
. Selbst was dem
Menschen
in seiner
innern
Organisation
widernatürlich
zu
sein
scheint
, wenn es auf diese
Weise
behandelt
wird,
gibt
eine
unterhaltende
,
bisweilen
auch
belehrende
Aussicht
in eine
teleologische
Ordnung
der
Dinge
, auf die uns, ohne ein
solches
Prinzip
, die
bloß
physische
Betrachtung
allein nicht
führen
würde
. So wie einige den
Bandwurm
dem
Menschen
oder
Tiere
, dem er
beiwohnt
,
gleichsam
zum
Ersatz
eines
gewissen
Mangels
seiner
Lebensorganen
beigegeben
zu
sein
urteilen
: so
würde
ich
fragen
, ob nicht die
Träume
(ohne die
niemals
der
Schlaf
ist, ob man sich
gleich
nur
selten
derselben
erinnert
) eine
zweckmäßige
Anordnung
der
Natur
sein
mögen
,
indem
sie
nämlich
bei dem
Abspannen
aller
körperlichen
bewegenden
Kräfte
, dazu
dienen
,
vermittelst
der
Einbildungskraft
und der
großen
Geschäftigkeit
derselben
(die in diesem
Zustand
mehrenteils
bis zum
Affekte
steigt
) die
Lebensorganen
innigst
zu
bewegen
; so wie sie auch bei
überfülltem
Magen
, wo diese
Bewegung
um
desto
nötiger
ist, im
Nachtschlafe
gemeiniglich
mit
desto
mehr
Lebhaftigkeit
spielt
; daß
folglich
, ohne diese
innerlich
bewegende
Kraft
und
ermüdende
Unruhe
,
worüber
wir die
Träume
anklagen
(die doch in der
Tat
vielleicht
Heilmittel
sind), der
Schlaf
, selbst im
gesunden
Zustande
,
wohl
gar
ein
völliges
Erlöschen
des
Lebens
sein
würde
.
Auch
Schönheit
der
Natur
,
d.i.
ihre
Zusammenstimmung
mit dem
freien
Spiele
unserer
Erkenntnisvermögen
in der
Auffassung
und
Beurteilung
ihrer
Erscheinung
, kann auf die
Art
als
objektive
Zweckmäßigkeit
der
Natur
in ihrem
Ganzen
, als
System
,
worin
der
Mensch
ein
Glied
ist,
betrachtet
werden; wenn
einmal
die
teleologische
Beurteilung
derselben
durch die
Naturzwecke
,
welche
uns die
organisierten
Wesen
an die
Hand
geben
, zu der
Idee
eines
großen
Systems
der
Zwecke
der
Natur
uns
berechtigt
hat. Wir
können
es als eine
Gunst
26
, die die
Natur
für
uns
gehabt
hat,
betrachten
, daß sie über das
Nützliche
noch
Schönheit
und
Reize
so
reichlich
austeilete
, und sie deshalb
lieben
, so wie ihrer
Unermeßlichkeit
wegen, mit
Achtung
betrachten
, und uns selbst in dieser
Betrachtung
veredelt
fühlen
:
gerade
als ob die
Natur
ganz
eigentlich
in dieser
Absicht
ihre
herrliche
Bühne
aufgeschlagen
und
ausgeschmückt
habe.
Wir
wollen
in diesem § nichts anders
sagen
, als daß, wenn wir
einmal
an der
Natur
ein
Vermögen
entdeckt
haben,
Produkte
hervorzubringen
, die nur nach dem
Begriffe
der
Endursachen
von uns
gedacht
werden
können
, wir
weitergehen
, und auch die,
welche
(oder ihr, obgleich
zweckmäßiges
,
Verhältnis
) es
eben
nicht
notwendig
machen
, über den
Mechanism
der
blind
wirkenden
Ursachen
hinaus ein
ander
Prinzip
für
ihre
Möglichkeit
aufzusuchen
,
dennoch
als zu einem
System
der
Zwecke
gehörig
beurteilen
dürfen
; weil uns die
erstere
Idee
schon, was ihren
Grund
betrifft
, über die
Sinnenwelt
hinausführt
:
da
denn
die
Einheit
des
übersinnlichen
Prinzips
nicht
bloß
für
gewisse
Spezies
der
Naturwesen
,
sondern
für
das
Naturganze
, als
System
, auf
dieselbe
Art
als
gültig
betrachtet
werden
muß
.
26
In dem
ästhetischen
Teile
wurde
gesagt
: wir
sähen
die
schöne
Natur
mit
Gunst
an,
indem
wir an ihrer
Form
ein
ganz
freies
(
uninteressiertes
)
Wohlgefallen
haben.
Denn
in diesem
bloßen
Geschmacksurteile
wird
gar
nicht darauf
Rücksicht
genommen
, zu
welchem
Zwecke
diese
Naturschönheiten
existieren
: ob um uns eine
Lust
zu
erwecken
, oder ohne alle
Beziehung
auf uns als
Zwecke
. In einem
teleologischen
Urteile
aber
geben
wir auch auf diese
Beziehung
acht; und
da
können
wir es als
Gunst
der
Natur
ansehen
, daß sie uns, durch
Aufstellung
so
vieler
schönen
Gestalten
, zur
Kultur
hat
beförderlich
sein
wollen
.
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