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Immanuel Kant
Kritik der Urteilskraft
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Zweiter Teil. Kritik der teleologischen Urteilskraft
Erste Abteilung. Analytik der teleologischen Urteilskraft
§ 68 Von dem Prinzip der Teleologie als innerem Prinzip der Naturwissenschaft
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§ 68
Von dem
Prinzip
der
Teleologie
als
innerem
Prinzip
der
Naturwissenschaft
Die
Prinzipien
einer
Wissenschaft
sind
derselben
entweder
innerlich
, und werden
einheimisch
genannt
(
principia
domestica
); oder sie sind auf
Begriffe
, die nur
außer
ihr
Platz
finden
können
,
gegründet
, und sind
auswärtige
Prinzipien
(
peregrina
).
Wissenschaften
,
welche
die
letzteren
enthalten
,
legen
ihren
Lehren
Lehnsätze
(
lemmata
) zum
Grunde
;
d.i.
sie
borgen
irgendeinen
Begriff
, und mit
ihm
einen
Grund
der
Anordnung
, von einer
anderen
Wissenschaft
.
Eine jede
Wissenschaft
ist
für
sich ein
System
; und es ist nicht genug, in ihr nach
Prinzipien
zu
bauen
und also
technisch
zu
verfahren
,
sondern
man
muß
mit ihr, als einem
für
sich
bestehenden
Gebäude
, auch
architektonisch
zu
Werke
gehen
, und sie nicht wie einen
Anbau
und als einen
Teil
eines
andern
Gebäudes
,
sondern
als ein
Ganzes
für
sich
behandeln
, ob man
gleich
nachher einen
Übergang
aus diesem in
jenes
oder
wechselseitig
errichten
kann.
Wenn man also
für
die
Naturwissenschaft
und in ihren
Kontext
den
Begriff
von
Gott
hereinbringt
, um sich die
Zweckmäßigkeit
in der
Natur
erklärlich
zu
machen
, und
hernach
diese
Zweckmäßigkeit
wiederum
braucht
, um zu
beweisen
, daß ein
Gott
sei
: so ist in keiner von
beiden
Wissenschaften
innerer
Bestand
; und eine
täuschende
Diallele
bringt
jede in
Unsicherheit
,
dadurch
, daß sie ihre
Grenzen
ineinanderlaufen
läßt
.
Der
Ausdruck
eines
Zwecks
der
Natur
beugt
dieser
Verwirrung
schon
genugsam
vor
, um
Naturwissenschaft
und die
Veranlassung
, die sie zur
teleologischen
Beurteilung
ihrer
Gegenstände
gibt
, nicht mit der
Gottesbetrachtung
und also einer
theologischen
Ableitung
zu
vermengen
; und man
muß
es nicht als
unbedeutend
ansehen
, ob man
jenen
Ausdruck
mit dem eines
göttlichen
Zwecks
in der
Anordnung
der
Natur
verwechsele
, oder
wohl
gar
den
letztern
für
schicklicher
und einer
frommen
Seele
angemessener
ausgebe
, weil es doch am
Ende
dahin
kommen
müsse
,
jene
zweckmäßigen
Formen
in der
Natur
von einem
weisen
Welturheber
abzuleiten
;
sondern
sich
sorgfältig
und
bescheiden
auf den
Ausdruck
, der
gerade
nur so viel
sagt
, als wir
wissen
,
nämlich
eines
Zwecks
der
Natur
,
einschränken
.
Denn
ehe
wir noch nach der
Ursache
der
Natur
selbst
fragen
,
finden
wir in der
Natur
und dem
Laufe
ihrer
Erzeugung
dergleichen
Produkte
, die nach
bekannten
Erfahrungsgesetzen
in ihr
erzeugt
werden, nach
welchen
die
Naturwissenschaft
ihre
Gegenstände
beurteilen
,
mithin
auch deren
Kausalität
nach der
Regel
der
Zwecke
in ihr selbst
suchen
muß
. Daher
muß
sie ihre
Grenze
nicht
überspringen
, um das, dessen
Begriffe
gar
keine
Erfahrung
angemessen
sein
kann, und
woran
man sich
allererst
nach
Vollendung
der
Naturwissenschaft
zu
wagen
befugt
ist, in sie selbst als
einheimisches
Prinzip
hineinzuziehen
.
Naturbeschaffenheiten
, die sich
a
priori
demonstrieren
, und also ihrer
Möglichkeit
nach aus
allgemeinen
Prinzipien
ohne
allen
Beitritt
der
Erfahrung
einsehen
lassen
,
können
, ob sie
gleich
eine
technische
Zweckmäßigkeit
bei sich
führen
,
dennoch
, weil sie
schlechterdings
notwendig
sind,
gar
nicht zur
Teleologie
der
Natur
, als einer in die
Physik
gehörigen
Methode
die
Fragen
derselben
aufzulösen
,
gezählt
werden.
Arithmetische
,
geometrische
Analogien
,
imgleichen
allgemeine
mechanische
Gesetze
, so sehr uns auch die
Vereinigung
verschiedener
dem
Anschein
nach
voneinander
ganz
unabhängiger
Regeln
in einem
Prinzip
an ihnen
befremdend
und
bewundernswürdig
vorkommen
mag
,
enthalten
deswegen
keinen
Anspruch
darauf,
teleologische
Erklärungsgründe
in der
Physik
zu
sein
; und, wenn sie
gleich
in der
allgemeinen
Theorie
der
Zweckmäßigkeit
der
Dinge
der
Natur
überhaupt
mit in
Betrachtung
gezogen
zu werden
verdienen
, so
würde
diese doch
anderwärts
hin,
nämlich
in die
Metaphysik
gehören
, und kein
inneres
Prinzip
der
Naturwissenschaft
ausmachen
: wie es
wohl
mit den
empirischen
Gesetzen
der
Naturzwecke
an
organisierten
Wesen
nicht allein
erlaubt
,
sondern
auch
unvermeidlich
ist, die
teleologische
Beurteilungsart
zum
Prinzip
der
Naturlehre
in
Ansehung
einer
eigenen
Klasse
ihrer
Gegenstände
zu
gebrauchen
.
Damit nun
Physik
sich
genau
in ihren
Grenzen
halte
, so
abstrahiert
sie von der
Frage
, ob die
Naturzwecke
es
absichtlich
oder
unabsichtlich
sind,
gänzlich
;
denn
das
würde
Einmengung
in ein
fremdes
Geschäft
(
nämlich
das der
Metaphysik
)
sein
. Genug es sind nach
Naturgesetzen
, die wir uns nur unter der
Idee
der
Zwecke
als
Prinzip
denken
können
,
einzig
und allein
erklärbare
, und
bloß
auf diese
Weise
ihrer
innern
Form
nach, sogar auch nur
innerlich
erkennbare
Gegenstände
. Um sich also auch nicht der
mindesten
Anmaßung
, als
wollte
man etwas, was
gar
nicht in die
Physik
gehört
,
nämlich
eine
übernatürliche
Ursache
, unter
unsere
Erkenntnisgründe
mischen
,
verdächtig
zu
machen
;
spricht
man in der
Teleologie
zwar von der
Natur
, als ob die
Zweckmäßigkeit
in ihr
absichtlich
sei
, aber doch
zugleich
so, daß man der
Natur
,
d.i.
der
Materie
, diese
Absicht
beilegt
;
wodurch
man (weil
hierüber
kein
Mißverstand
stattfinden
kann,
indem
von selbst schon keiner einem
leblosen
Stoffe
Absicht
in
eigentlicher
Bedeutung
des
Worts
beilegen
wird)
anzeigen
will, daß dieses
Wort
hier nur ein
Prinzip
der
reflektierenden
, nicht der
bestimmenden
Urteilskraft
bedeute
, und also
keinen
besondern
Grund
der
Kausalität
einführen
solle
,
sondern
auch nur zum
Gebrauche
der
Vernunft
eine
andere
Art
der
Nachforschung
, als die nach
mechanischen
Gesetzen
ist,
hinzufüge
, um die
Unzulänglichkeit
der
letzteren
, selbst zur
empirischen
Aufsuchung
aller
besondern
Gesetze
der
Natur
, zu
ergänzen
. Daher
spricht
man in der
Teleologie
, so
fern
sie zur
Physik
gezogen
wird,
ganz
recht
von der
Weisheit
, der
Sparsamkeit
, der
Vorsorge
, der
Wohltätigkeit
der
Natur
, ohne
dadurch
aus ihr ein
verständiges
Wesen
zu
machen
(weil das
ungereimt
wäre
); aber auch ohne sich zu
erkühnen
, ein
anderes
,
verständiges
Wesen
über sie, als
Werkmeister
,
setzen
zu
wollen
, weil dieses
vermessen
27
sein
würde
:
sondern
es
soll
dadurch
nur eine
Art
der
Kausalität
der
Natur
, nach einer
Analogie
mit der
unsrigen
im
technischen
Gebrauche
der
Vernunft
,
bezeichnet
werden, um die
Regel
,
wornach
gewissen
Produkten
der
Natur
nachgeforscht
werden
muß
,
vor
Augen
zu haben.
Warum aber
macht
doch die
Teleologie
gewöhnlich
keinen
eigenen
Teil
der
theoretischen
Naturwissenschaft
aus,
sondern
wird zur
Theologie
als
Propädeutik
oder
Übergang
gezogen
? Dieses
geschieht
, um das
Studium
der
Natur
nach ihrem
Mechanism
an
demjenigen
festzuhalten
, was wir unserer
Beobachtung
oder den
Experimenten
so
unterwerfen
können
, daß wir es
gleich
der
Natur
,
wenigstens
der
Ähnlichkeit
der
Gesetze
nach, selbst
hervorbringen
könnten
;
denn
nur soviel
sieht
man
vollständig
ein, als man nach
Begriffen
selbst
machen
und
zustande
bringen
kann.
Organisation
aber, als
innerer
Zweck
der
Natur
,
übersteigt
unendlich
alles
Vermögen
einer
ähnlichen
Darstellung
durch
Kunst
: und was
äußere
für
zweckmäßig
gehaltene
Natureinrichtungen
betrifft
(
z
.
B
.
Winde
,
Regen
u
.
dgl
.), so
betrachtet
die
Physik
wohl
den
Mechanism
derselben
; aber ihre
Beziehung
auf
Zwecke
,
sofern
diese eine zur
Ursache
notwendig
gehörige
Bedingung
sein
soll
, kann sie
gar
nicht
darstellen
, weil diese
Notwendigkeit
der
Verknüpfung
gänzlich
die
Verbindung
unserer
Begriffe
, und nicht die
Beschaffenheit
der
Dinge
,
angeht
.
27
Das
deutsche
Wort
vermessen
ist ein
gutes
bedeutungsvolles
Wort
. Ein
Urteil
, bei
welchem
man das
Längenmaß
seiner
Kräfte
(des
Verstandes
) zu
überschlagen
vergißt
, kann
bisweilen
sehr
demütig
klingen
, und
macht
doch
große
Ansprüche
, und ist doch sehr
vermessen
. Von der
Art
sind die
meisten
,
wodurch
man die
göttliche
Weisheit
zu
erheben
vorgibt
,
indem
man ihr in den
Werken
der
Schöpfung
und der
Erhaltung
Absichten
unterlegt
, die
eigentlich
der
eigenen
Weisheit
des
Vernünftlers
Ehre
machen
sollen
.
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