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Immanuel Kant
Kritik der Urteilskraft
IntraText CT - Text
Zweiter Teil. Kritik der teleologischen Urteilskraft
Zweite Abteilung. Dialektik der teleologischen Urteilskraft
§ 72 Von den mancherlei Systemen über die Zweckmäßigkeit der Natur
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§ 72
Von den
mancherlei
Systemen
über die
Zweckmäßigkeit
der
Natur
Die
Richtigkeit
des
Grundsatzes
, daß über
gewisse
Dinge
der
Natur
(
organisierte
Wesen
) und ihre
Möglichkeit
nach dem
Begriffe
von
Endursachen
geurteilt
werden
müsse
, selbst auch nur, wenn man, um ihre
Beschaffenheit
durch
Beobachtung
kennenzulernen
, einen
Leitfaden
verlangt
, ohne sich bis zur
Untersuchung
über ihren
ersten
Ursprung
zu
versteigen
, hat noch niemand
bezweifelt
. Die
Frage
kann also nur
sein
: ob dieser
Grundsatz
bloß
subjektiv
gültig
,
d.i.
bloß
Maxime
unserer
Urteilskraft
oder ein
objektives
Prinzip
der
Natur
sei
, nach
welchem
ihr,
außer
ihrem
Mechanism
(nach
bloßen
Bewegungsgesetzen
), noch eine
andere
Art
von
Kausalität
zukomme
,
nämlich
die der
Endursachen
, unter denen
jene
(der
bewegenden
Kräfte
) nur als
Mittelursachen
ständen
.
Nun
könnte
man diese
Frage
, oder
Aufgabe
für
die
Spekulation
,
gänzlich
unausgemacht
und
unaufgelöset
lassen
: weil, wenn wir uns mit der
letzteren
innerhalb
den
Grenzen
der
bloßen
Naturerkenntnis
begnügen
, wir an
jenen
Maximen
genug haben, um die
Natur
, so
weit
als
menschliche
Kräfte
reichen
, zu
studieren
und ihren
verborgensten
Geheimnissen
nachzuspüren
. Es ist also
wohl
eine
gewisse
Ahnung
unserer
Vernunft
, oder ein von der
Natur
uns
gleichsam
gegebener
Wink
, daß wir
vermittelst
jenes
Begriffs
von
Endursachen
wohl
gar
über die
Natur
hinauslangen
und sie selbst an den
höchsten
Punkt
in der
Reihe
der
Ursachen
knüpfen
könnten
, wenn wir die
Nachforschung
der
Natur
(ob wir
gleich
darin noch nicht
weit
gekommen
sind)
verließen
, oder
wenigstens
einige
Zeit
aussetzten
, und
vorher
,
worauf
jener
Fremdling
in der
Naturwissenschaft
,
nämlich
der
Begriff
der
Naturzwecke
,
führe
, zu
erkunden
versuchten
.
Hier
müßte
nun
freilich
jene
unbestrittene
Maxime
in die ein
weites
Feld
zu
Streitigkeiten
eröffnende
Aufgabe
übergehen
: Ob die
Zweckverknüpfung
in der
Natur
eine
besondere
Art
der
Kausalität
für
dieselbe
beweise
; oder ob sie, an sich und nach
objektiven
Prinzipien
betrachtet
, nicht
vielmehr
mit dem
Mechanism
der
Natur
einerlei
sei
, oder auf einem und demselben
Grunde
beruhe
: nur daß wir,
da
dieser
für
unsere
Nachforschung
in
manchen
Naturprodukten
oft
zu
tief
versteckt
ist, es mit einem
subjektiven
Prinzip
,
nämlich
dem der
Kunst
,
d.i.
der
Kausalität
nach
Ideen
versuchen
, um sie der
Natur
der
Analogie
nach
unterzulegen
;
welche
Nothilfe
uns auch in
vielen
Fällen
gelingt
, in
einigen
zwar zu
Mißlingen
scheint
, auf alle
Fälle
aber nicht
berechtigt
, eine
besondere
, von der
Kausalität
nach
bloß
mechanischen
Gesetzen
der
Natur
selbst
unterschiedene
,
Wirkungsart
in die
Naturwissenschaft
einzuführen
. Wir
wollen
,
indem
wir das
Verfahren
(die
Kausalität
) der
Natur
, wegen des
Zweckähnlichen
,
welches
wir in ihren
Produkten
finden
,
Technik
nennen
, diese in die
absichtliche
(
technica
intentionalis
), und in die
unabsichtliche
(
technica
naturalis
),
einteilen
. Die
erste
soll
bedeuten
: daß das
produktive
Vermögen
der
Natur
nach
Endursachen
für
eine
besondere
Art
von
Kausalität
gehalten
werden
müsse
; die
zweite
: daß sie mit dem
Mechanism
der
Natur
im
Grunde
ganz
einerlei
sei
, und das
zufällige
Zusammentreffen
mit
unseren
Kunstbegriffen
und ihren
Regeln
, als
bloß
subjektive
Bedingung
sie zu
beurteilen
,
fälschlich
für
eine
besondere
Art
der
Naturerzeugung
ausgedeutet
werde
.
Wenn wir jetzt von den
Systemen
der
Naturerklärung
in
Ansehung
der
Endursachen
reden
, so
muß
man
wohl
bemerken
: daß sie
insgesamt
dogmatisch
,
d.i.
über
objektive
Prinzipien
der
Möglichkeit
der
Dinge
, es
sei
durch
absichtlich
oder
lauter
unabsichtlich
wirkende
Ursachen
, unter
einander
streitig
sind, nicht aber etwa über die
subjektive
Maxime
, über die
Ursache
solcher
zweckmäßigen
Produkte
bloß
zu
urteilen
: in
welchem
letztern
Falle
disparate
Prinzipien
wohl
noch
vereinigt
werden
könnten
,
anstatt
daß im
ersteren
kontradiktorisch-entgegengesetzte
einander
aufheben
und neben sich nicht
bestehen
können
.
Die
Systeme
in
Ansehung
der
Technik
der
Natur
,
d.i.
ihrer
produktiven
Kraft
nach der
Regel
der
Zwecke
, sind
zwiefach
: des
Idealismus
, oder des
Realismus
der
Naturzwecke
. Der
erstere
ist die
Behauptung
: daß alle
Zweckmäßigkeit
der
Natur
unabsichtlich
; der
zweite
: daß einige
derselben
(in
organisierten
Wesen
)
absichtlich
sei
;
woraus
denn
auch die als
Hypothese
gegründete
Folge
gezogen
werden
könnte
, daß die
Technik
der
Natur
, auch, was alle
andere
Produkte
derselben
in
Beziehung
auf das
Naturganze
betrifft
,
absichtlich
,
d.i.
Zweck
,
sei
.
1) Der
Idealism
der
Zweckmäßigkeit
(ich
verstehe
hier immer die
objektive
) ist nun entweder der der
Kasualität
, oder der
Fatalität
der
Naturbestimmung
in der
zweckmäßigen
Form
ihrer
Produkte
. Das
erstere
Prinzip
betrifft
die
Beziehung
der
Materie
auf den
physischen
Grund
ihrer
Form
,
nämlich
die
Bewegungsgesetze
; das
zweite
auf ihren und der
ganzen
Natur
hyperphysischen
Grund
. Das
System
der
Kasualität
,
welches
dem
Epikur
oder
Demokritus
beigelegt
wird, ist, nach dem
Buchstaben
genommen
, so
offenbar
ungereimt
, daß es uns nicht
aufhalten
darf
;
dagegen
ist das
System
der
Fatalität
(
wovon
man den
Spinoza
zum
Urheber
macht
, ob es
gleich
allem
Ansehen
nach viel
älter
ist),
welches
sich auf etwas
übersinnliches
beruft
,
wohin
also
unsere
Einsicht
nicht
reicht
, so
leicht
nicht zu
widerlegen
: darum, weil
sein
Begriff
von dem
Urwesen
gar
nicht zu
verstehen
ist. So viel ist aber
klar
: daß die
Zweckverbindung
in der
Welt
in demselben als
unabsichtlich
angenommen
werden
muß
(weil sie von einem
Urwesen
, aber nicht von seinem
Verstande
,
mithin
keiner
Absicht
desselben
,
sondern
aus der
Notwendigkeit
seiner
Natur
und der davon
abstammenden
Welteinheit
abgeleitet
wird),
mithin
der
Fatalismus
der
Zweckmäßigkeit
zugleich
ein
Idealism
derselben
ist.
2) Der
Realism
der
Zweckmäßigkeit
der
Natur
ist auch entweder
physisch
oder
hyperphysisch
. Der
erste
gründet
die
Zwecke
in der
Natur
auf dem
Analogon
eines nach
Absicht
handelnden
Vermögens
, dem
Leben
der
Materie
(in ihr, oder auch durch ein
belebendes
inneres
Prinzip
, eine
Weltseele
); und
heißt
der
Hylozoism
. Der
zweite
leitet
sie von dem
Urgrunde
des
Weltalls
, als einem mit
Absicht
hervorbringenden
(
ursprünglich
lebenden
)
verständigen
Wesen
ab; und ist der
Theism
.
28
28
Man
sieht
hieraus
: daß in den
meisten
spekulativen
Dingen
der
reinen
Vernunft
, was die
dogmatischen
Behauptungen
betrifft
, die
philosophischen
Schulen
gemeiniglich
alle
Auflösungen
, die über eine
gewisse
Frage
möglich
sind,
versucht
haben. So hat man aber die
Zweckmäßigkeit
der
Natur
bald
entweder die
leblose
Materie
, oder einen
leblosen
Gott
,
bald
eine
lebende
Materie
, oder auch einen
lebendigen
Gott
zu diesem
Behufe
versucht
.
Für
uns
bleibt
nichts
übrig
, als, wenn es
not
tun
sollte
, von
allen
diesen
objektiven
Behauptungen
abzugehen
, und unser
Urteil
bloß
in
Beziehung
auf
unsere
Erkenntnisvermögen
kritisch
zu
erwägen
, um ihrem
Prinzip
eine, wo nicht
dogmatische
, doch zum
sichern
Vernunftgebrauch
hinreichende
Gültigkeit
einer
Maxime
zu
verschaffen
.
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