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Immanuel Kant
Kritik der Urteilskraft
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Zweiter Teil. Kritik der teleologischen Urteilskraft
Anhang. Methodenlehre der teleologischen Urteilskraft
§ 80 Von der notwendigen Unterordnung des Prinzips des Mechanismus unter dem teleologischen in Erklärung eines Dinges als Naturzwecks
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§ 80
Von der
notwendigen
Unterordnung
des
Prinzips
des
Mechanismus
unter dem
teleologischen
in
Erklärung
eines
Dinges
als
Naturzwecks
Die
Befugnis
, auf eine
bloß
mechanische
Erklärungsart
aller
Naturprodukte
auszugehen
, ist an sich
ganz
unbeschränkt
; aber das
Vermögen
damit allein
auszulangen
, ist, nach der
Beschaffenheit
unseres
Verstandes
,
sofern
er es mit
Dingen
als
Naturzwecken
zu tun hat, nicht allein sehr
beschränkt
,
sondern
auch
deutlich
begrenzt
:
nämlich
so, daß, nach einem
Prinzip
der
Urteilskraft
, durch das
erstere
Verfahren
allein zur
Erklärung
der
letzteren
gar
nichts
ausgerichtet
werden
könne
,
mithin
die
Beurteilung
solcher
Produkte
jederzeit
von uns
zugleich
einem
teleologischen
Prinzip
untergeordnet
werden
müsse
.
Es ist daher
vernünftig
, ja
verdienstlich
, dem
Naturmechanism
, zum
Behuf
einer
Erklärung
der
Naturprodukte
, so
weit
nachzugehen
, als es mit
Wahrscheinlichkeit
geschehen
kann, ja diesen
Versuch
nicht darum
aufzugeben
, weil es an sich
unmöglich
sei
, auf seinem
Wege
mit der
Zweckmäßigkeit
der
Natur
zusammenzutreffen
,
sondern
nur darum, weil es
für
uns als
Menschen
unmöglich
ist;
indem
dazu eine
andere
als
sinnliche
Anschauung
und ein
bestimmtes
Erkenntnis
des
intelligibelen
Substrats
der
Natur
,
woraus
selbst von dem
Mechanism
der
Erscheinungen
nach
besondern
Gesetzen
Grund
angegeben
werden
könne
,
erforderlich
sein
würde
,
welches
alles unser
Vermögen
gänzlich
übersteigt
.
Damit also der
Naturforscher
nicht auf
reinen
Verlust
arbeite
, so
muß
er in
Beurteilung
der
Dinge
, deren
Begriff
als
Naturzwecke
unbezweifelt
gegründet
ist (
organisierter
Wesen
), immer irgendeine
ursprüngliche
Organisation
zum
Grunde
legen
,
welche
jenen
Mechanism
selbst
benutzt
, um
andere
organisierte
Formen
hervorzubringen
, oder die
seinige
zu
neuen
Gestalten
(die doch aber immer aus jenem
Zwecke
und
ihm
gemäß
erfolgen
) zu
entwickeln
.
Es ist
rühmlich
,
vermittelst
einer
komparativen
Anatomie
die
große
Schöpfung
organisierter
Naturen
durchzugehen
, um zu
sehen
: ob sich daran nicht etwas einem
System
Ähnliches
, und zwar dem
Erzeugungsprinzip
nach,
vorfinde
; ohne daß wir
nötig
haben, beim
bloßen
Beurteilungsprinzip
(
welches
für
die
Einsicht
ihrer
Erzeugung
keinen
Aufschluß
gibt
)
stehenzubleiben
, und
mutlos
allen
Anspruch
auf
Natureinsicht
in diesem
Felde
aufzugeben
. Die
Übereinkunft
so
vieler
Tiergattungen
in einem
gewissen
gemeinsamen
Schema
, das nicht allein in ihrem
Knochenbau
,
sondern
auch in der
Anordnung
der
übrigen
Teile
zum
Grunde
zu
liegen
scheint
, wo
bewundrungswürdige
Einfalt
des
Grundrisses
durch
Verkürzung
einer und
Verlängerung
anderer, durch
Einwickelung
dieser und
Auswickelung
jener
Teile
eine so
große
Mannigfaltigkeit
von
Spezies
hat
hervorbringen
können
,
läßt
einen obgleich
schwachen
Strahl
von
Hoffnung
in das
Gemüt
fallen
, daß hier
wohl
etwas mit dem
Prinzip
des
Mechanismus
der
Natur
, ohne
welches
es
überhaupt
keine
Naturwissenschaft
geben
kann,
auszurichten
sein
möchte
. Diese
Analogie
der
Formen
,
sofern
sie bei aller
Verschiedenheit
einem
gemeinschaftlichen
Urbilde
gemäß
erzeugt
zu
sein
scheinen
,
verstärkt
die
Vermutung
einer
wirklichen
Verwandtschaft
derselben
in der
Erzeugung
von einer
gemeinschaftlichen
Urmutter
, durch die
stufenartige
Annäherung
einer
Tiergattung
zur
andern
, von
derjenigen
an, in
welcher
das
Prinzip
der
Zwecke
am
meisten
bewährt
zu
sein
scheint
,
nämlich
dem
Menschen
, bis zum
Polyp
, von diesem sogar bis zu
Moosen
und
Flechten
, und
endlich
zu der
niedrigsten
uns
merklichen
Stufe
der
Natur
, zur
rohen
Materie
: aus
welcher
und ihren
Kräften
, nach
mechanischen
Gesetzen
(
gleich
denen,
wornach
sie in
Kristallerzeugungen
wirkt
), die
ganze
Technik
der
Natur
, die uns in
organisierten
Wesen
so
unbegreiflich
ist, daß wir uns dazu ein
anderes
Prinzip
zu
denken
genötigt
glauben
,
abzustammen
scheint
.
Hier
steht
es nun dem
Archäologen
der
Natur
frei
, aus den
übriggebliebenen
Spuren
ihrer
ältesten
Revolutionen
, nach allem
ihm
bekannten
oder
gemutmaßten
Mechanism
derselben
,
jene
große
Familie
von
Geschöpfen
(
denn
so
müßte
man sie sich
vorstellen
, wenn die
genannte
durchgängig
zusammenhängende
Verwandtschaft
einen
Grund
haben
soll
)
entspringen
zu
lassen
. Er kann den
Mutterschoß
der
Erde
, die
eben
aus ihrem
chaotischen
Zustande
herausging
(
gleichsam
als ein
großes
Tier
),
anfänglich
Geschöpfe
von
minder-zweckmäßiger
Form
, diese
wiederum
andere
,
welche
angemessener
ihrem
Zeugungsplatze
und ihrem
Verhältnisse
untereinander
sich
ausbildeten
,
gebären
lassen
; bis diese
Gebärmutter
selbst,
erstarrt
, sich
verknöchert
, ihre
Geburten
auf
bestimmte
fernerhin
nicht
ausartende
Spezies
eingeschränkt
hätte, und die
Mannigfaltigkeit
so
bliebe
, wie sie am
Ende
der
Operation
jener
fruchtbaren
Bildungskraft
ausgefallen
war. - Allein er
muß
gleichwohl
zu dem
Ende
dieser
allgemeinen
Mutter
eine auf alle diese
Geschöpfe
zweckmäßig
gestellte
Organisation
beilegen
,
widrigenfalls
die
Zweckform
der
Produkte
des
Tier-
und
Pflanzenreichs
ihrer
Möglichkeit
nach
gar
nicht zu
denken
ist.
29
Alsdann
aber hat er den
Erklärungsgrund
nur weiter
aufgeschoben
, und kann sich nicht
anmaßen
, die
Erzeugung
jener
zwei
Reiche
von der
Bedingung
der
Endursachen
unabhängig
gemacht
zu haben.
Selbst, was die
Veränderung
betrifft
,
welcher
gewisse
Individuen
der
organisierten
Gattungen
zufälligerweise
unterworfen
werden, wenn man
findet
, daß ihr so
abgeänderter
Charakter
erblich
und in die
Zeugungskraft
aufgenommen
wird, so kann sie nicht
füglich
anders
denn
als
gelegentliche
Entwickelung
einer in der
Spezies
ursprünglich
vorhandenen
zweckmäßigen
Anlage
zur
Selbsterhaltung
der
Art
,
beurteilt
werden; weil das
Zeugen
seinesgleichen
, bei der
durchgängigen
inneren
Zweckmäßigkeit
eines
organisierten
Wesens
, mit der
Bedingung
nichts in die
Zeugungskraft
aufzunehmen
, was nicht auch in einem
solchen
System
von
Zwecken
zu einer der
unentwickelten
ursprünglichen
Anlagen
gehört
, so
nahe
verbunden
ist.
Denn
, wenn man von diesem
Prinzip
abgeht
, so kann man mit
Sicherheit
nicht
wissen
, ob nicht mehrere
Stücke
der jetzt an einer
Spezies
unzutreffenden
Form
ebenso
zufälligen
zwecklosen
Ursprungs
sein
mögen
; und das
Prinzip
der
Teleologie
: in einem
organisierten
Wesen
nichts von dem, was sich in der
Fortpflanzung
desselben
erhält
, als
unzweckmäßig
zu
beurteilen
,
müßte
dadurch
in der
Anwendung
sehr
unzuverlässig
werden, und
lediglich
für
den
Urstamm
(den wir aber nicht mehr
kennen
)
gültig
sein
.
Hume
macht
wider
diejenigen
,
welche
für
alle solche
Naturzwecke
ein
teleologisches
Prinzip
der
Beurteilung
,
d.i.
einen
architektonischen
Verstand
anzunehmen
nötig
finden
, die
Einwendung
: daß man mit
ebendem
Rechte
fragen
könnte
, wie
denn
ein
solcher
Verstand
möglich
sei
,
d.i.
wie die
mancherlei
Vermögen
und
Eigenschaften
,
welche
die
Möglichkeit
eines
Verstandes
, der
zugleich
ausführende
Macht
hat,
ausmachen
, sich so
zweckmäßig
in einem
Wesen
haben
zusammenfinden
können
. Allein dieser
Einwurf
ist
nichtig
.
Denn
die
ganze
Schwierigkeit
,
welche
die
Frage
wegen der
ersten
Erzeugung
eines in sich selbst
Zwecke
enthaltenden
und durch sie allein
begreiflichen
Dinges
umgibt
,
beruht
auf der
Nachfrage
nach
Einheit
des
Grundes
der
Verbindung
des
Mannigfaltigen
außer
einander
in diesem
Produkte
;
da
denn
, wenn dieser
Grund
in dem
Verstande
einer
hervorbringenden
Ursache
als
einfacher
Substanz
gesetzt
wird,
jene
Frage
,
sofern
sie
teleologisch
ist,
hinreichend
beantwortet
wird, wenn aber die
Ursache
bloß
in der
Materie
, als einem
Aggregat
vieler
Substanzen
außer
einander
,
gesucht
wird, die
Einheit
des
Prinzips
für
die
innerlich
zweckmäßige
Form
ihrer
Bildung
gänzlich
ermangelt
; und die
Autokratie
der
Materie
in
Erzeugungen
,
welche
von unserm
Verstande
nur als
Zwecke
begriffen
werden
können
, ist ein
Wort
ohne
Bedeutung
.
Daher
kommt
es, daß
diejenigen
,
welche
für
die
objektiv-zweckmäßigen
Formen
der
Materie
einen
obersten
Grund
der
Möglichkeit
derselben
suchen
, ohne
ihm
eben
einen
Verstand
zuzugestehen
, das
Weltganze
doch
gern
zu einer
einigen
,
allbefassenden
Substanz
(
Pantheism
), oder (
welches
nur eine
bestimmtere
Erklärung
des
Vorigen
ist) zu einem
Inbegriffe
vieler
einer
einigen
einfachen
Substanz
inhärierenden
Bestimmungen
(
Spinozism
),
machen
,
bloß
um jede
Bedingung
aller
Zweckmäßigkeit
, die
Einheit
des
Grundes
,
herauszubekommen
;
wobei
sie zwar einer
Bedingung
der
Aufgabe
,
nämlich
der
Einheit
in der
Zweckbeziehung
,
vermittelst
des
bloß
ontologischen
Begriffs
einer
einfachen
Substanz
, ein
Genüge
tun, aber
für
die
andere
Bedingung
,
nämlich
das
Verhältnis
derselben
zu ihrer
Folge
als
Zweck
,
wodurch
jener
ontologische
Grund
für
die
Frage
näher
bestimmt
werden
soll
, nichts
anführen
,
mithin
die
ganze
Frage
keinesweges
beantworten
. Auch
bleibt
sie
schlechterdings
unbeantwortlich
(
für
unsere
Vernunft
), wenn wir
jenen
Urgrund
der
Dinge
nicht als
einfache
Substanz
und dieser ihre
Eigenschaft
zu der
spezifischen
Beschaffenheit
der auf sie sich
gründenden
Naturformen
,
nämlich
der
Zweckeinheit
, nicht als die einer
intelligenten
Substanz
, das
Verhältnis
aber
derselben
zu den
letzteren
(wegen der
Zufälligkeit
, die wir an allem
finden
, was wir uns nur als
Zweck
möglich
denken
), nicht als das
Verhältnis
einer
Kausalität
uns
vorstellen
.
29
Eine
Hypothese
von
solcher
Art
kann man ein
gewagtes
Abenteuer
der
Vernunft
nennen
; und es
mögen
wenige, selbst von den
scharfsinnigsten
Naturforschern
,
sein
, denen es nicht
bisweilen
durch den
Kopf
gegangen
wäre
.
Denn
ungereimt
ist es
eben
nicht, wie die
generatio
aequivoca
,
worunter
man die
Erzeugung
eines
organisierten
Wesens
durch die
Mechanik
der
rohen
unorganisierten
Materie
versteht
. Sie
wäre
immer noch
generatio
univoca
in der
allgemeinsten
Bedeutung
des
Worts
,
sofern
nur etwas
Organisches
aus einem
andern
Organischen
,
obzwar
unter dieser
Art
Wesen
spezifisch
von
ihm
unterschiedenen
,
erzeugt
würde
;
z
.
B
. wenn
gewisse
Wassertiere
sich nach und nach zu
Sumpftieren
, und aus diesen, nach
einigen
Zeugungen
, zu
Landtieren
ausbildeten
.
A
priori
, im
Urteile
der
bloßen
Vernunft
,
widerstreitet
sich das nicht. Allein die
Erfahrung
zeigt
davon kein
Beispiel
; nach der
vielmehr
alle
Zeugung
, die wir
kennen
,
generatio
homonyma
ist, nicht
bloß
univoca
, im
Gegensatz
mit der
Zeugung
aus
unorganisiertem
Stoffe
,
sondern
auch ein in der
Organisation
selbst mit dem
Erzeugenden
gleichartiges
Produkt
hervorbringt
, und die
generatio
heteronyma
,
soweit
unsere
Erfahrungskenntnis
der
Natur
reicht
,
nirgend
angetroffen
wird.
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