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Immanuel Kant
Kritik der Urteilskraft
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Zweiter Teil. Kritik der teleologischen Urteilskraft
Anhang. Methodenlehre der teleologischen Urteilskraft
§ 91 Von der Art des Fürwahrhaltens durch einen praktischen Glauben
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§ 91
Von der
Art
des
Fürwahrhaltens
durch einen
praktischen
Glauben
Wenn wir
bloß
auf die
Art
sehen
, wie etwas
für
uns (nach der
subjektiven
Beschaffenheit
unserer
Vorstellungskräfte
)
Objekt
der
Erkenntnis
(
res
cognoscibilis
)
sein
kann: so werden
alsdann
die
Begriffe
nicht mit den
Objekten
,
sondern
bloß
mit unsern
Erkenntnisvermögen
und dem
Gebrauche
, den diese von der
gegebenen
Vorstellung
(in
theoretischer
oder
praktischer
Absicht
)
machen
können
,
zusammengehalten
; und die
Frage
, ob etwas ein
erkennbares
Wesen
sei
oder nicht, ist keine
Frage
, die die
Möglichkeit
der
Dinge
selbst,
sondern
unserer
Erkenntnis
derselben
angeht
.
Erkennbare
Dinge
sind nun von
dreifacher
Art
:
Sachen
der
Meinung
(
opinabile
),
Tatsachen
(
scibile
), und
Glaubenssachen
(
mere
credibile
).
1)
Gegenstände
der
bloßen
Vernunftideen
, die
für
das
theoretische
Erkenntnis
gar
nicht in irgendeiner
möglichen
Erfahrung
dargestellt
werden
können
, sind
sofern
auch
gar
nicht
erkennbare
Dinge
,
mithin
kann man in
Ansehung
ihrer nicht
einmal
meinen; wie
denn
a
priori
zu meinen schon an sich
ungereimt
und der
gerade
Weg
zu
lauter
Hirngespinsten
ist. Entweder unser
Satz
a
priori
ist also
gewiß
, oder er
enthält
gar
nichts zum
Fürwahrhalten
. Also sind
Meinungssachen
jederzeit
Objekte
einer
wenigstens
an sich
möglichen
Erfahrungserkenntnis
(
Gegenstände
der
Sinnenwelt
), die aber, nach dem
bloßen
Grade
dieses
Vermögens
den wir
besitzen
,
für
uns
unmöglich
ist. So ist der
Äther
der
neuern
Physiker
, eine
elastische
, alle
andere
Materien
durchdringende
(mit ihnen
innigst
vermischte
)
Flüssigkeit
, eine
bloße
Meinungssache
, immer doch noch von der
Art
, daß, wenn die
äußeren
Sinne
im
höchsten
Grade
geschärft
wären
, er
wahrgenommen
werden
könnte
; der aber
nie
in irgendeiner
Beobachtung
, oder
Experimente
,
dargestellt
werden kann.
Vernünftige
Bewohner
anderer
Planeten
anzunehmen
, ist eine
Sache
der
Meinung
;
denn
, wenn wir diesen
näher
kommen
könnten
,
welches
an sich
möglich
ist,
würden
wir, ob sie sind, oder nicht sind, durch
Erfahrung
ausmachen
; aber wir werden ihnen
niemals
so
nahe
kommen
, und so
bleibt
es beim Meinen. Allein meinen: daß es
reine
, ohne
Körper
denkende
,
Geister
im
materiellen
Univers
gebe
(wenn man
nämlich
gewisse
dafür
ausgegebene
wirkliche
Erscheinungen
, wie
billig
, von der
Hand
weiset
),
heißt
dichten
, und ist
gar
keine
Sache
der
Meinung
,
sondern
eine
bloße
Idee
,
welche
übrigbleibt
, wenn man von einem
denkenden
Wesen
alles
Materielle
wegnimmt
und
ihm
doch das
Denken
übrigläßt
. Ob aber
alsdann
das
letztere
(
welches
wir nur am
Menschen
,
d.i.
in
Verbindung
mit einem
Körper
,
kennen
)
übrigbleibe
,
können
wir nicht
ausmachen
. Ein
solches
Ding
ist ein
vernünfteltes
Wesen
(
ens
rationis
ratiocinantis
), kein
Vernunftwesen
(
ens
rationis
ratiocinatae
); von
welchem
letzteren
es doch
möglich
ist, die
objektive
Realität
seines
Begriffs
,
wenigstens
für
den
praktischen
Gebrauch
der
Vernunft
,
hinreichen
darzutun
, weil dieser seine
eigentümlichen
und
apodiktisch
gewissen
Prinzipien
a
priori
hat,
ihn
sogar
erheischt
(
postuliert
).
2)
Gegenstände
für
Begriffe
, deren
objektive
Realität
(es
sei
durch
reine
Vernunft
, oder durch
Erfahrung
, und, im
ersteren
Falle
, aus
theoretischen
oder
praktischen
Datis
derselben
, in
allen
Fällen
aber
vermittelst
einer ihnen
korrespondierenden
Anschauung
)
bewiesen
werden kann, sind (
res
facti
)
Tatsachen
.
38
Dergleichen
sind die
mathematischen
Eigenschaften
der
Größen
(in der
Geometrie
), weil sie einer
Darstellung
a
priori
für
den
theoretischen
Vernunftgebrauch
fähig
sind. Ferner sind
Dinge
, oder
Beschaffenheiten
derselben
, die durch
Erfahrung
(eigene oder
fremde
Erfahrung
vermittelst
der
Zeugnisse
)
dargetan
werden
können
,
gleichfalls
Tatsachen
. - Was aber sehr
merkwürdig
ist, so
findet
sich sogar eine
Vernunftidee
(die an sich keiner
Darstellung
in der
Anschauung
,
mithin
auch
keines
theoretischen
Beweises
ihrer
Möglichkeit
,
fähig
ist) unter den
Tatsachen
; und das ist die
Idee
der
Freiheit
, deren
Realität
, als einer
besondern
Art
von
Kausalität
(von
welcher
der
Begriff
in
theoretischem
Betracht
überschwenglich
sein
würde
), sich durch
praktische
Gesetze
der
reinen
Vernunft
, und, diesen
gemäß
, in
wirklichen
Handlungen
,
mithin
in der
Erfahrung
,
dartun
läßt
. - Die
einzige
unter
allen
Ideen
der
reinen
Vernunft
, deren
Gegenstand
Tatsache
ist und unter die
scibilia
mit
gerechnet
werden
muß
.
3)
Gegenstände
, die in
Beziehung
auf den
pflichtmäßigen
Gebrauch
der
reinen
praktischen
Vernunft
(es
sei
als
Folgen
, oder als
Gründe
)
a
priori
gedacht
werden
müssen
, aber
für
den
theoretischen
Gebrauch
derselben
überschwenglich
sind, sind
bloße
Glaubenssachen
.
Dergleichen
ist das
höchste
durch
Freiheit
zu
bewirkende
Gut
in der
Welt
; dessen
Begriff
in keiner
für
uns
möglichen
Erfahrung
,
mithin
für
den
theoretischen
Vernunftgebrauch
hinreichend
, seiner
objektiven
Realität
nach
bewiesen
werden kann, dessen
Gebrauch
aber zur
bestmöglichen
Bewirkung
jenes
Zwecks
doch durch
praktische
reine
Vernunft
geboten
ist, und
mithin
als
möglich
angenommen
werden
muß
. Diese
gebotene
Wirkung
,
zusamt
den
einzigen
für
uns
denkbaren
Bedingungen
ihrer
Möglichkeit
,
nämlich
dem
Dasein
Gottes
und der
Seelen-Unsterblichkeit
, sind
Glaubenssachen
(
res
fidei
) und zwar die
einzigen
unter
allen
Gegenständen
, die so
genannt
werden
können
.
39
Denn
ob von uns
gleich
, was wir nur von der
Erfahrung
anderer durch
Zeugnis
lernen
können
,
geglaubt
werden
muß
, so ist es darum doch noch nicht an sich
Glaubenssache
;
denn
bei
jener
Zeugen
einem war es doch eigene
Erfahrung
und
Tatsache
, oder wird als solche
vorausgesetzt
.
Zudem
muß
es
möglich
sein
, durch diesen
Weg
(des
historischen
Glaubens
) zum
Wissen
zu
gelangen
; und die
Objekte
der
Geschichte
und
Geographie
, wie alles
überhaupt
was zu
wissen
nach der
Beschaffenheit
unserer
Erkenntnisvermögen
wenigstens
möglich
ist,
gehören
nicht zu
Glaubenssachen
,
sondern
zu
Tatsachen
. Nur
Gegenstände
der
reinen
Vernunft
können
allenfalls
Glaubenssachen
sein
, aber nicht als
Gegenstände
der
bloßen
reinen
spekulativen
Vernunft
;
denn
da
können
sie
gar
nicht
einmal
mit
Sicherheit
zu den
Sachen
,
d.i.
Objekten
jenes
für
uns
möglichen
Erkenntnisses
,
gezählt
werden. Es sind
Ideen
,
d.i.
Begriffe
, denen man die
objektive
Realität
theoretisch
nicht
sichern
kann.
Dagegen
ist der von uns zu
bewirkende
höchste
Endzweck
, das
wodurch
wir allein
würdig
werden
können
, selbst
Endzweck
einer
Schöpfung
zu
sein
, eine
Idee
, die
für
uns in
praktischer
Beziehung
objektive
Realität
hat, und
Sache
; aber darum, weil wir diesem
Begriffe
in
theoretischer
Absicht
diese
Realität
nicht
verschaffen
können
,
bloße
Glaubenssache
der
reinen
Vernunft
, mit
ihm
aber
zugleich
Gott
und
Unsterblichkeit
, als die
Bedingungen
, unter denen allein wir, nach der
Beschaffenheit
unserer (der
menschlichen
)
Vernunft
uns die
Möglichkeit
jenes
Effekts
des
gesetzmäßigen
Gebrauchs
unserer
Freiheit
denken
können
. Das
Fürwahrhalten
aber in
Glaubenssachen
ist ein
Fürwahrhalten
in
reiner
praktischer
Absicht
,
d.i.
ein
moralischer
Glaube
, der nichts
für
das
theoretische
,
sondern
bloß
für
das
praktische
, auf
Befolgung
seiner
Pflichten
gerichtete
,
reine
Vernunfterkenntnis
,
beweiset
, und die
Spekulation
, oder die
praktischen
Klugheitsregeln
nach dem
Prinzip
der
Selbstliebe
,
gar
nicht
erweitert
. Wenn das
oberste
Prinzip
aller
Sittengesetze
ein
Postulat
ist, so wird
zugleich
die
Möglichkeit
ihres
höchsten
Objekts
,
mithin
auch die
Bedingung
, unter der wir diese
Möglichkeit
denken
können
,
dadurch
zugleich
mit
postuliert
.
Dadurch
wird nun das
Erkenntnis
der
letzteren
weder
Wissen
noch
Meinung
von dem
Dasein
und der
Beschaffenheit
dieser
Bedingungen
, als
theoretische
Erkenntnisart
,
sondern
bloß
Annahme
in
praktischer
und dazu
gebotener
Beziehung
für
den
moralischen
Gebrauch
unserer
Vernunft
.
Würden
wir auch auf die
Zwecke
der
Natur
, die uns die
physische
Teleologie
in so
reichem
Maße
vorlegt
, einen
bestimmten
Begriff
von einer
verständigen
Weltursache
scheinbar
gründen
können
, so
wäre
das
Dasein
dieses
Wesens
doch nicht
Glaubenssache
.
Denn
da
dieses nicht zum
Behuf
der
Erfüllung
meiner
Pflicht
,
sondern
nur zur
Erklärung
der
Natur
angenommen
wird, so
würde
es
bloß
die unserer
Vernunft
angemessenste
Meinung
und
Hypothese
sein
. Nun
führt
jene
Teleologie
keinesweges
auf einen
bestimmten
Begriff
von
Gott
, der
hingegen
allein in dem von einem
moralischen
Welturheber
angetroffen
wird, weil dieser allein den
Endzweck
angibt
, zu
welchem
wir uns nur
sofern
zählen
können
, als wir dem, was uns das
moralische
Gesetz
als
Endzweck
auferlegt
,
mithin
uns
verpflichtet
, uns
gemäß
verhalten
.
Folglich
bekommt
der
Begriff
von
Gott
nur durch die
Beziehung
auf das
Objekt
unserer
Pflicht
, als
Bedingung
der
Möglichkeit
den
Endzweck
derselben
zu
erreichen
, den
Vorzug
in unserm
Fürwahrhalten
als
Glaubenssache
zu
gelten
;
dagegen
ebenderselbe
Begriff
doch
sein
Objekt
nicht als
Tatsache
geltend
machen
kann: weil,
obzwar
die
Notwendigkeit
der
Pflicht
für
die
praktische
Vernunft
wohl
klar
ist, doch die
Erreichung
des
Endzwecks
derselben
,
sofern
er nicht
ganz
in unserer
Gewalt
ist, nur zum
Behuf
des
praktischen
Gebrauchs
der
Vernunft
angenommen
, also nicht so wie die
Pflicht
selbst
praktisch
notwendig
ist.
40
Glaube
(als
habitus
, nicht als
actus
) ist die
moralische
Denkungsart
der
Vernunft
im
Fürwahrhalten
desjenigen
, was
für
das
theoretische
Erkenntnis
unzugänglich
ist. Er ist also der
beharrliche
Grundsatz
des
Gemüts
, das, was zur
Möglichkeit
des
höchsten
moralischen
Endzwecks
als
Bedingung
vorauszusetzen
notwendig
ist, wegen der
Verbindlichkeit
zu demselben als
wahr
anzunehmen
41
; ob zwar die
Möglichkeit
desselben
, aber
ebensowohl
auch die
Unmöglichkeit
, von uns nicht
eingesehen
werden kann. Der
Glaube
(
schlechthin
so
genannt
) ist ein
Vertrauen
zu der
Erreichung
einer
Absicht
, deren
Beförderung
Pflicht
, die
Möglichkeit
der
Ausführung
derselben
aber
für
uns nicht
einzusehen
ist (
folglich
auch nicht die der
einzigen
für
uns
denkbaren
Bedingungen
). Der
Glaube
also, der sich auf
besondere
Gegenstände
, die nicht
Gegenstände
des
möglichen
Wissens
oder
Meinens
sind,
bezieht
(in
welchem
letztern
Falle
er,
vornehmlich
im
Historischen
,
Leichtgläubigkeit
und nicht
Glaube
heißen
müßte
) ist
ganz
moralisch
. Er ist ein
freies
Fürwahrhalten
, nicht dessen, wozu
dogmatische
Beweise
für
die
theoretisch
bestimmende
Urteilskraft
anzutreffen
sind, noch wozu wir uns
verbunden
halten
,
sondern
dessen, was wir zum
Behuf
einer
Absicht
nach
Gesetzen
der
Freiheit
,
annehmen
; aber doch nicht, wie etwa eine
Meinung
, ohne
hinreichenden
Grund
,
sondern
als in der
Vernunft
(obwohl nur in
Ansehung
ihres
praktischen
Gebrauchs
),
für
die
Absicht
derselben
hinreichend
,
gegründet
:
denn
ohne
ihn
hat die
moralische
Denkungsart
bei dem
Verstoß
gegen die
Aufforderung
der
theoretischen
Vernunft
zum
Beweise
(der
Möglichkeit
des
Objekts
der
Moralität
) keine
feste
Beharrlichkeit
,
sondern
schwankt
zwischen
praktischen
Geboten
und
theoretischen
Zweifeln
.
Ungläubisch
sein
,
heißt
der
Maxime
nachhängen
,
Zeugnissen
überhaupt
nicht zu
glauben
;
ungläubig
aber ist der,
welcher
jenen
Vernunftideen
, weil es ihnen an
theoretischer
Begründung
ihrer
Realität
fehlt
, darum alle
Gültigkeit
abspricht
. Er
urteilt
also
dogmatisch
. Ein
dogmatischer
Unglaube
kann aber mit einer in der
Denkungsart
herrschenden
sittlichen
Maxime
nicht
zusammen
bestehen
(
denn
einem
Zwecke
, der
für
nichts als
Hirngespinst
erkannt
wird,
nachzugehen
, kann die
Vernunft
nicht
gebieten
);
wohl
aber ein
Zweifelglaube
, dem der
Mangel
der
Überzeugung
durch
Gründe
der
spekulativen
Vernunft
nur
Hindernis
ist,
welchem
eine
kritische
Einsicht
in die
Schranken
der
letztern
den
Einfluß
auf das
Verhalten
benehmen
und
ihm
ein
überwiegendes
praktisches
Fürwahrhalten
zum
Ersatz
hinstellen
kann.
*
Wenn man an die
Stelle
gewisser
verfehlten
Versuche
in der
Philosophie
ein
anderes
Prinzip
aufführen
und
ihm
Einfluß
verschaffen
will, so
gereicht
es zu
großer
Befriedigung
,
einzusehen
, wie
jene
und warum sie
fehlschlagen
mußten
.
Gott
,
Freiheit
und
Seelenunsterblichkeit
sind
diejenigen
Aufgaben
, zu deren
Auflösung
alle
Zurüstungen
der
Metaphysik
, als ihrem
letzten
und
alleinigen
Zwecke
,
abzielen
. Nun
glaubte
man, daß die
Lehre
von der
Freiheit
nur als
negative
Bedingung
für
die
praktische
Philosophie
nötig
sei
, die
Lehre
von
Gott
und der
Seelenbeschaffenheit
hingegen
, zur
theoretischen
gehörig
,
für
sich und
abgesondert
dargetan
werden
müsse
, um
beide
nachher mit dem, was das
moralische
Gesetz
(das nur unter der
Bedingung
der
Freiheit
möglich
ist)
gebietet
, zu
verknüpfen
und so eine
Religion
zustande
zu
bringen
. Man kann aber
bald
einsehen
, daß diese
Versuche
fehlschlagen
mußten
.
Denn
aus
bloßen
ontologischen
Begriffen
von
Dingen
überhaupt
, oder der
Existenz
eines
notwendigen
Wesens
läßt
sich
schlechterdings
kein, durch
Prädikate
, die sich in der
Erfahrung
geben
lassen
und also zum
Erkenntnisse
dienen
könnten
,
bestimmter
,
Begriff
von einem
Urwesen
machen
; der aber,
welcher
auf
Erfahrung
von der
physischen
Zweckmäßigkeit
der
Natur
gegründet
wurde
, konnte
wiederum
keinen
für
die
Moral
,
mithin
zur
Erkenntnis
eines
Gottes
,
hinreichenden
Beweis
abgeben
.
Ebensowenig
konnte auch die
Seelenkenntnis
durch
Erfahrung
(die wir nur in diesem
Leben
anstellen
) einen
Begriff
von der
geistigen
,
unsterblichen
Natur
derselben
,
mithin
für
die
Moral
zureichend
,
verschaffen
.
Theologie
und
Pneumatologie
, als
Aufgaben
zum
Behuf
der
Wissenschaften
einer
spekulativen
Vernunft
, weil deren
Begriff
für
alle
unsere
Erkenntnisvermögen
überschwenglich
ist,
können
durch keine
empirische
Data
und
Prädikate
zustande
kommen
. - Die
Bestimmung
beider
Begriffe
,
Gottes
sowohl als der
Seele
(in
Ansehung
ihrer
Unsterblichkeit
), kann nur durch
Prädikate
geschehen
, die, ob sie
gleich
selbst nur aus einem
übersinnlichen
Grunde
möglich
sind,
dennoch
in der
Erfahrung
ihre
Realität
beweisen
müssen
:
denn
so allein
können
sie von
ganz
übersinnlichen
Wesen
ein
Erkenntnis
möglich
machen
. -
Dergleichen
ist nun der
einzige
in der
menschlichen
Vernunft
unzutreffende
Begriff
der
Freiheit
des
Menschen
unter
moralischen
Gesetzen
,
zusamt
dem
Endzwecke
, den
jene
durch diese
vorschreibt
,
wovon
die
erstern
dem
Urheber
der
Natur
, der
zweite
dem
Menschen
diejenigen
Eigenschaften
beizulegen
tauglich
sind,
welche
zu der
Möglichkeit
beider
die
notwendige
Bedingung
enthalten
; so daß
eben
aus dieser
Idee
auf die
Existenz
und die
Beschaffenheit
jener
sonst
gänzlich
für
uns
verborgenen
Wesen
geschlossen
werden kann.
Also
liegt
der
Grund
der auf dem
bloß
theoretischen
Wege
verfehlten
Absicht
,
Gott
und
Unsterblichkeit
zu
beweisen
, darin: daß von dem
Übersinnlichen
auf diesem
Wege
(der
Naturbegriffe
)
gar
kein
Erkenntnis
möglich
ist. Daß es
dagegen
auf dem
moralischen
(des
Freiheitsbegriffs
)
gelingt
, hat diesen
Grund
: daß hier das
übersinnliche
,
welches
dabei zum
Grunde
liegt
(die
Freiheit
), durch ein
bestimmtes
Gesetz
der
Kausalität
,
welches
aus
ihm
entspringt
, nicht allein
Stoff
zum
Erkenntnis
des
andern
Übersinnlichen
(des
moralischen
Endzwecks
und der
Bedingungen
seiner
Ausführbarkeit
)
verschafft
,
sondern
auch als
Tatsache
seine
Realität
in
Handlungen
dartut
, aber
eben
darum auch
keinen
andern
, als nur in
praktischer
Absicht
(
welche
auch die
einzige
ist, deren die
Religion
bedarf
)
gültigen
,
Beweisgrund
abgeben
kann.
Es
bleibt
hiebei
immer sehr
merkwürdig
: daß unter den drei
reinen
Vernunftideen
,
Gott
,
Freiheit
und
Unsterblichkeit
, die der
Freiheit
der
einzige
Begriff
des
Übersinnlichen
ist,
welcher
seine
objektive
Realität
(
vermittelst
der
Kausalität
, die in
ihm
gedacht
wird) an der
Natur
, durch ihre in
derselben
mögliche
Wirkung
,
beweiset
, und
eben
dadurch
die
Verknüpfung
der
beiden
andern
mit der
Natur
, aller
dreien
aber
untereinander
zu einer
Religion
möglich
macht
; und daß wir also in uns ein
Prinzip
haben,
welches
die
Idee
des
Übersinnlichen
in uns,
dadurch
aber auch die
desselben
außer
uns, zu einer, obgleich nur in
praktischer
Absicht
möglichen
,
Erkenntnis
zu
bestimmen
vermögend
ist,
woran
die
bloß
spekulative
Philosophie
(die auch von der
Freiheit
einen
bloß
negativen
Begriff
geben
konnte)
verzweifeln
mußte
:
mithin
der
Freiheitsbegriff
(als
Grundbegriff
aller
unbedingt-praktischen
Gesetze
) die
Vernunft
über
diejenigen
Grenzen
erweitern
kann,
innerhalb
deren jeder
Naturbegriff
(
theoretischer
) ohne
Hoffnung
eingeschränkt
bleiben
müßte
.
38
Ich
erweitere
hier, wie mich
dünkt
mit
Recht
, den
Begriff
einer
Tatsache
über die
gewöhnliche
Bedeutung
dieses
Worts
.
Denn
es ist nicht
nötig
, ja nicht
einmal
tunlich
, diesen
Ausdruck
bloß
auf die
wirkliche
Erfahrung
einzuschränken
, wenn von dem
Verhältnisse
der
Dinge
zu
unseren
Erkenntnisvermögen
die
Rede
ist,
da
eine
bloß
mögliche
Erfahrung
schon
hinreichend
ist, um von ihnen
bloß
als
Gegenständen
einer
bestimmen
Erkenntnisart
, zu
reden
.
39
Glaubenssachen
sind aber darum nicht
Glaubensartikel
; wenn man unter den
letzteren
solche
Glaubenssachen
versteht
. zu deren
Bekenntnis
(
innerem
oder
äußerem
) man
verpflichtet
werden kann:
dergleichen
also die
natürliche
Theologie
nicht
enthält
.
Denn
da
sie, als
Glaubenssachen
sich nicht (
gleich
den
Tatsachen
) auf
theoretische
Beweise
gründen
können
;
soll
ist es ein
freies
Fürwahrhalten
, und auch nur als ein
solches
mit der
Moralität
des
Subjekts
vereinbar
.
40
Der
Endzweck
, den das
moralische
Gesetz
zu
befördern
auferlegt
, ist nicht der
Grund
der
Pflicht
;
denn
dieser
liegt
im
moralischen
Gesetze
,
welches
, als
formales
praktisches
Prinzip
,
kategorisch
leitet
,
unangesehen
der
Objekte
des
Begehrungsvermögens
(der
Materie
des
Wollens
),
mithin
irgendeines
Zwecks
. Diese
formale
Beschaffenheit
meiner
Handlungen
(
Unterordnung
derselben
unter das
Prinzip
der
Allgemeingültigkeit
),
worin
allein ihr
innerer
moralischer
Wert
besteht
, ist
gänzlich
in unserer
Gewalt
; und ich kann von der
Möglichkeit
, oder
Unausführbarkeit
, der
Zwecke
, die mir jenem
Gesetze
gemäß
zu
befördern
obliegen
,
gar
wohl
abstrahieren
(weil in ihnen nur der
äußere
Wert
meiner
Handlungen
besteht
), als etwas,
welches
nie
völlig
in meiner
Gewalt
ist, um nur auf das zu
sehen
, was meines
Tuns
ist. Allein die
Absicht
, den
Endzweck
aller
vernünftigen
Wesen
(
Glückseligkeit
, so
weit
sie
einstimmig
mit der
Pflicht
möglich
ist) zu
befördern
, ist doch,
eben
durch das
Gesetz
der
Pflicht
,
auferlegt
. Aber die
spekulative
Vernunft
sieht
die
Ausführbarkeit
derselben
(weder von
seiten
unseres
eigenen
physischen
Vermögens
, noch der
Mitwirkung
der
Natur
)
gar
nicht ein;
vielmehr
muß
sie aus
solchen
Ursachen
, so viel wir
vernünftiger
Weise
urteilen
können
, einen
solchen
Erfolg
unseres
Wohlverhaltens
von der
bloßen
Natur
(in uns und
außer
uns), ohne
Gott
und
Unsterblichkeit
anzunehmen
,
für
eine
ungegründete
und
nichtige
wenngleich
wohlgemeinte
Erwartung
halten
, und, wenn sie von diesem
Urteile
völlige
Gewißheit
haben
könnte
, das
moralische
Gesetz
selbst als
bloße
Täuschung
unserer
Vernunft
in
praktischer
Rücksicht
ansehen
.
Da
aber die
spekulative
Vernunft
sich
völlig
überzeugt
, daß das
letztere
nie
geschehen
kann,
dagegen
aber
jene
Ideen
, deren
Gegenstand
über die
Natur
hinaus
liegt
, ohne
Widerspruch
gedacht
werden
können
; so wird sie
für
ihr eigenes
praktisches
Gesetz
und die
dadurch
auferlegte
Aufgabe
, also in
moralischer
Rücksicht
,
jene
Ideen
als
real
anerkennen
müssen
, um nicht mit sich selbst in
Widerspruch
zu
kommen
.
41
Er ist ein
Vertrauen
auf die
Verheißung
des
moralischen
Gesetzes
; aber nicht als eine solche, die in demselben
enthalten
ist,
sondern
die ich
hineinlege
, und zwar aus
moralisch
hinreichendem
Grunde
.
Denn
ein
Endzweck
kann durch kein
Gesetz
der
Vernunft
geboten
sein
, ohne daß diese
zugleich
die
Erreichbarkeit
desselben
,
wenngleich
ungewiß
,
verspreche
, und
hiemit
auch das
Fürwahrhalten
der
einzigen
Bedingungen
berechtige
, unter denen
unsere
Vernunft
sich diese allein
denken
kann. Das
Wort
fides
drückt
dieses auch schon aus; und es kann nur
bedenklich
scheinen
, wie dieser
Ausdruck
und diese
besondere
Idee
in die
moralische
Philosophie
hineinkomme
,
da
sie
allererst
mit dem
Christentum
eingeführt
worden
, und die
Annahme
derselben
vielleicht nur eine
schmeichlerische
Nachahmung
seiner
Sprache
zu
sein
scheinen
dürfte
. Aber das ist nicht der
einzige
Fall
,
da
diese
wundersame
Religion
in der
größten
Einfalt
ihres
Vortrages
die
Philosophie
mit
weit
bestimmteren
und
reineren
Begriffen
der
Sittlichkeit
bereichert
hat, als diese bis
dahin
hatte
liefern
können
, die aber, wenn sie
einmal
da
sind, von der
Vernunft
frei
gebilligt
und als solche
angenommen
werden, auf die sie
wohl
von selbst hätte
kommen
und sie
einführen
können
und
sollen
.
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